Die Schuldsprüche Telekom/ÖVP-Finanzierung liegen beim OGH.

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Wien – Die erstinstanzlichen Schuldsprüche in jenem Telekom-Verfahren, in dem es um den Vorwurf der ÖVP-Finanzierung gegangen ist, stehen auf der Kippe. Die Generalprokuratur als Beraterin des Obersten Gerichtshofs (ist die zweite und letzte Instanz) spricht sich dafür aus, die Urteile aufzuheben und das Verfahren allenfalls vor der ersten Instanz noch einmal durchzuführen.

Das Erstgericht, so die Generalprokuratur in ihrer Croquis genannten Stellungnahme an den Obersten Gerichtshof (OGH), solle allenfalls prüfen, ob die Voraussetzungen für schweren Betrug vorliegen.

Beihilfe ohne Haupttäter

Die Vorgeschichte dazu: Fast genau vor einem Jahr, am 7. Juni 2016, hat das Straflandesgericht Wien den ÖVP-Nationalratsabgeordneten und Geschäftsführer der ÖVP Graz, Bernd Schönegger, sowie den einstigen ÖVP-Mitarbeiter und Public-Affairs-Chef der Telekom Austria (TA), Michael Fischer, wegen Beihilfe zur Untreue schuldiggesprochen.

Es ging um 120.000 Euro, die von der TA-Tochter Etel über eine Agentur an die Grazer ÖVP geflossen sein sollen, und zwar im Rahmen des dortigen Gemeinderatswahlkampfs. Die in die Angelegenheit involvierte Grazer Agenturchefin hatte ein Geständnis abgelegt und wurde wegen Beihilfe zur Untreue und versuchter Begünstigung verurteilt.

Vorwürfe gegen Bundes-ÖVP

Schönegger bekam neun Monate Haft bedingt (ausgesetzt auf drei Jahre), Fischer drei Monate bedingt und die Agenturchefin neun Monate bedingt. Sie hatte Schönegger entlastet und beteuert, für das über die Etel kommende Geld nicht für die Grazer ÖVP gearbeitet zu haben, sondern für die Bundes-ÖVP. Schönegger und Fischer hatten die Vorwürfe stets bestritten. Die Urteile wurden bekämpft, es gilt daher die Unschuldsvermutung. Nun ist der OGH am Zug.

Das Besondere an der ganzen Geschichte: Die beiden Geschäftsführer der Etel, die die 120.000 Euro bezahlte und an die die Agenturchefin laut ihrem Geständnis und dem Urteil Scheinrechnungen gestellt haben soll, wurden mangels Vorsatz vom Vorwurf der Untreue freigesprochen; ebenso der damalige TA-Spitzenmanager Rudolf Fischer. Die Freisprüche sind rechtskräftig.

Keine Untreue, aber Beihilfe

Flapsig gesagt: Untreue im strafrechtlichen Sinn hat in der Causa TA / Grazer ÖVP-Finanzierung nicht stattgefunden, aber Beihilfe zur Untreue schon. Oder: Die der Untreue Verdächtigen wurden freigesprochen, die der Beihilfe verdächtigen Mittäter wurden dagegen trotzdem verurteilt.

Genau an diesem Punkt (aber nicht nur an diesem) setzt die Generalprokuratur an, wie ihr Sprecher Friedrich Koenig bestätigt. Die Argumentation des Erstrichters zur Untreue-Beihilfe stelle in den Augen der Behörde "eine falsche rechtliche Beurteilung" dar. Der OGH ist ans Croquis nicht gebunden, in den meisten Fällen folgt er der Empfehlung der Generalprokuratur aber. (Renate Graber, 7.6.2017)