Übernehmen künftig Roboter die Anlageberatung? Möglicherweise, ihre Verbreitung steigt zwar stetig, es gibt aber auch noch Berührungsängste.

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Frankfurt/Wien – Keine Zeit, keine Lust, wenig Wissen – so geht es wohl vielen Sparern bei der Geldanlage. Immer mehr Menschen vertrauen ihr Guthaben deshalb einem Anlageroboter an und lassen den Computer die Arbeit machen. Das Vermögen, das diese sogenannten Robo-Advisors verwalten, wird täglich größer. Auch Banken drängen in den Markt, in dem bisher aufstrebende Internetfirmen den Ton angegeben haben. "Die Idee der Robo-Advisors setzt sich langsam beim Sparer durch", sagt Maria Katharina Heiden von der Unternehmensberatung Zeb.

Der Trend zu diesen Anlagerobotern kommt wie so oft aus den USA. Im Kern geht es darum, dass Computerprogramme je nach Risikoneigung des Sparers dessen Geld anlegen und nicht ein persönlicher Vermögensberater die Entscheidung trifft. Aber auch auf den europäischen Finanzmarkt drängten die ersten Fintechs aus diesem Bereich vor rund zwei Jahren. Inzwischen hat etwa die deutsche Finanzaufsicht für fünf solche Start-ups eine Erlaubnis erteilt, das Vermögen von Kunden auf Basis von Computeralgorithmen anzulegen. Daneben tummeln sich in der Branche auch zahlreiche unregulierte digitale Vermögensverwalter.

"Die Fintechs haben für eine enorme Wachstumsdynamik gesorgt", erklärt Accenture-Beraterin Friederike Stradtmann, Expertin für digitale Geschäftsmodelle bei Banken. Aber selbst in den USA, wo Anleger risikofreudiger seien als in Österreich oder Deutschland, habe sich das Geschäftsmodell erst etabliert, als große Fondsverwalter wie Charles Schwab und Vanguard eigene Anlageroboter gestartet hätten. "Es geht bei der Geldanlage um Vertrauen, und viele Sparer werden sich die Frage stellen, ob sie dem Robo-Advisor einer Bank oder eines Fintechs ihr Vermögen anvertrauen", sagt Ralf Heim, Vorstand der Frankfurter Softwareschmiede Fincite, die digitale Geldanlagelösungen für Finanzinstitute entwickelt.

Zweiter Anlauf für Deutsche Bank

Einer der größten Anlageroboter in Deutschland stammt vom Fintech Scalable Capital, das nach eigenen Angaben täglich um ein bis zwei Millionen Euro wächst und mittlerweile rund 250 Millionen verwaltet. Vonseiten der traditionellen Geldhäuser mischt unter anderem die Commerzbank-Tochter Comdirect mit, und ab Sommer will auch die Deutsche Bank mit einem Roboter auf Kundenfang gehen. Das größte deutsche Kreditinstitut hat sich vor zwei Jahren auf dem Feld schon einmal versucht, jedoch ohne großen Erfolg. Mit dem neuen Roboter sollen nun binnen zweier Jahre mindestens zwei Milliarden Euro verwaltet werden, verrät der verantwortliche Manager Jürgen von der Lehr die Zielsetzung.

Laut einer Studie des Instituts Yougov vom November des Vorjahres können sich 37 Prozent der Befragten grundsätzlich vorstellen, ihr Geld Anlagerobotern anzuvertrauen. Allerdings würde diese Alternative bislang nur von einem Prozent genutzt. "Das Verhaltensmuster von Anlegern ändert sich nur langsam", so der Deutschlandchef der Fondsgesellschaft Legg Mason, Klaus Dahmann.

"Ich halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die Menschen künftig nur noch per Computer investieren." Die Unternehmensberatung Accenture hat bei einer Umfrage in den USA herausgefunden, dass Sparer eine Mischung aus Mensch und Maschine bevorzugen. Schwab bietet daher inzwischen parallel zum Computerhandel einen persönlichen Ansprechpartner an. Auch Kunden von Betterment, einem der größten US-Robo-Advisors, können seit diesem Jahr telefonisch um Rat bei der Geldanlage fragen.

Mensch und Maschine im Gleichschritt

Einen ähnlichen Weg wird die Linzer Partner Bank ab Ende Juni einschlagen, denn: "Geldgeschäft ist Vertrauenssache", hebt auch Vorstand Andreas Fellner die Bedeutung eines menschlichen Ansprechpartners hervor. In seinem Haus wird ein Berater zusammen mit einem Robo-Advisor gemeinsam den Kunden gegenübertreten. Die Vorteile: Dieses Vorgehen vereinfacht und beschleunigt laut Fellner die Abläufe bei der Anlageberatung und soll zudem die Einhaltung regulatorischer Vorgaben sicherstellen. "Ich bin zuversichtlich, dass das ein großer Wurf werden kann", beschreibt der Bankvorstand seine Erwartungshaltung.

Einer der größten Vorteile der Anlageroboter sind im Gegenzug geringere Gebühren für die Kunden. Ein herkömmlicher Fonds kann schon einmal das Vielfache davon kosten. Doch des einen Freud ist des anderen Leid: "Die geringen Kosten für Kunden bedeuten auf der anderen Seite geringe Einnahmequellen für die Unternehmen", erklärt Christian Leybold, Partner beim Risikokapitalgeber eVentures. "Ein Fintech muss mit dem verwalteten Vermögen in den Milliardenbereich kommen." Auf längere Sicht werden seiner Ansicht nach von den Fintechs im Robo-Advisor-Bereich daher nur zwei bis drei größere Anbieter übrig bleiben. Für Banken sei der Einstieg in den Markt deutlich einfacher, da sie geringere Anlauf- und Vertriebskosten hätten.

Ein ehemaliger Manager eines Robo-Advisors, der nicht namentlich genannt werden will, räumt jedoch ein, dass seine Erwartungen an die Idee doch zu hoch gewesen seien: "Robo-Advisors werden immer ein Nischenprodukt bleiben." Geldanlage für die breite Masse funktioniert seiner Ansicht nach nur über persönliche Berater. (Reuters, aha, 12.6.2017)