Sebastian Kurz in der "ZiB 2" am Mittwochabend.

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Außenpolitik hat gewisse Vorteile. Die Strahlkraft eines Sigmar Gabriel ist nach seinem Wechsel vom Wirtschafts- ins Außenamt mirakulös gestiegen. Sebastian Kurz kennt dieses Imagedoping des Außenamtes. Während der hiesige Kanzler im Infight der parlamentarischen Mehrheitssuche gegrillt wird, ist der ÖVP-Chef, der seine Aktivitäten im heimischen Tagesgeschäft verhüllt, unterwegs, um den ukrainischen Krisenherd zu entschärfen.

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Praktischerweise gehört das zu seinen Pflichten. Als OSZE-Vorsitzender weilt er in Kiew und genießt beim "ZiB 2"-Interview auch einen Zusatzvorteil: Durch die Tonverzögerung ist es für Armin Wolf mühsam, Kurz mit Zwischenfragen zu behelligen. Es plaudert Kurz drauflos, findet das Argument fadenscheinig, es werde in der Heimat nichts beschlossen, nur weil "ich einen Tag nicht da bin". Bleiben Sie bei den Fakten, Herr Wolf! Es sei ja vieles längst ausverhandelt, den postkoalitionären Rosenkrieg versteht Kurz nicht. Er bestärke ihn aber in seinem Neuwahlwunsch.

Wolf versucht es ("Lassen Sie mich da einhaken"), aber die Tonverzögerung hält eisern zu Kurz. Er spricht von Sparmöglichkeiten, die er seit Jahren täglich sieht, und spricht von der "Zuwanderung ins Sozialsystem", die zu stoppen sei.

Wolf bittet schließlich "um kürzere Antworten", was kein Problem mehr ist. Längst sind die Botschaften gut angebracht, dem Außenminister bleibt nur noch die Garantieerklärung: Er werde sich weiter anstrengen, jener Umsetzungsprofi zu bleiben, für den er sich hält.

Die Tonleitung ist dann weg; von Kurz bleibt nur noch ein Nicken. Vertiefen und nachhaken – ein andermal. Irgendwann muss Kurz ja zurück auf den innenpolitischen Griller. (Ljubiša Tošić, 8.6.2017)