Auf der Alm gibt es zwar angeblich keine Sünde, aber Verantwortung. Am Mittwoch verletzte eine Kuhherde in Tirol eine Wanderin, die ihren Hund an der Leine führte, tödlich. Was bleibt, ist neben der Trauer die Frage der Schuld. Und bei aller Pietät: Die ist weder beim Almbauern noch bei seinen Rindern zu suchen.

Gerade in den Bergen wird immer von der Eigenverantwortung gesprochen – sei es am Klettersteig oder eben auf der idyllischen Alm. Denn zum romantischen Kuhglockengebimmel gehört nun einmal das Rindvieh. Und das ist weder lila noch kuschelig, sondern ein ruppiges Tier, das während des Almsommers ein paar Monate Freiheit und Wildnis genießt.

Unser Wissen um das Naturell des Rindes beschränkt sich heute meist auf dessen biologische Produktionsweise. Zwar fordert jeder bewusste Konsument ein, dass sein Kalbsschnitzerl aus Mutterkuhhaltung kommt, aber kaum jemand hat eine Ahnung davon, was das in der Praxis bedeutet. Auf Almen heißt dies, dass die Tiere im engen Herdenverbund leben und ihre Kälber gegen Feinde von außen verteidigen.

Das klingt wenig romantisch, und es kann schnell zur tödlichen Realität werden – vor allem, wenn die Eindringlinge auch noch Raubtiere, sprich Hunde mitführen. Das bedrohte Rind reagiert und geht zum Angriff über. Die Verantwortung liegt daher beim Wanderer und Hundehalter. (Steffen Arora, 8.6.2017)