Es ist kein guter Tag für die Demokratie, an dem der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen dem Nachbarn Ungarn eine Visite abstattet: Denn am Dienstag beschloss das Budapester Parlament ein Gesetz, das sich gegen Zivilorganisationen (NGOs) richtet, die Unterstützung aus dem Ausland erhalten.

Der hohe Besuch und die parlamentarische Abstimmung stehen in keinem kausalen Zusammenhang. Eine schiefe Optik stellt sich dennoch ein, wenn der auch Dank des zivilen Engagements zahlreicher Österreicher gewählte Van der Bellen wenige Stunden nach der Billigung eines Gesetzes zur Kujonierung der Zivilgesellschaft im selben Haus mit dem ungarischen Parlamentspräsidenten László Kövér zusammentreffen soll.

Vorbild Russland

Das neue ungarische NGO-Gesetz orientiert sich an russischen Vorbildern, indem es Zivilorganisationen gesondert behandelt, die im Jahr mehr als die bescheidene Summe von 24.000 Euro als Förderung aus dem Ausland erhalten. Diese NGOs müssen sich bei Gericht zusätzlich registrieren lassen – obwohl sie auch jetzt schon Transparenzauflagen unterliegen -, und sie in jeder Publikation und bei jedem Internetauftritt den Vermerk "aus dem Ausland unterstützte Organisation" anführen.

Die Venedig-Kommission des Europarats – ein Gremium von internationalen Verfassungsjuristen und Staatsrechtlern – kritisierte die Regelung als überzogen. Möglicherweise stehe sie sogar im Widerspruch zur Europäischen Menschenrechtskonvention. "Das Label 'aus dem Ausland unterstützte Organisation' (...) droht, im gegebenen ungarischen Kontext, den starke politische Statements gegen diese Vereinigungen kennzeichnen, deren legitimen Aktivitäten nachteilig zu beeinflussen", heißt es in dem Dokument. Die Kommission umschreibt hier in nüchternem Ton, worum es geht: Bürgerrechtsvereinigungen sollen mundtot gemacht und ausgeschaltet werden. Nach der weitgehenden Hegemonisierung der Medienlandschaft ärgert es den Rechtspopulisten Viktor Orbán, dass mit diesen Organisationen immer noch Plattformen existieren, die die Maßnahmen seiner Regierung kritisiert werden.

Das Gesetz steht außerdem in engem Zusammenhang mit der im April gebilligten "Lex CEU". Diese Hochschulgesetznovelle soll die vom US-Milliardär George Soros gegründete Central European University (CEU) in Budapest zur Schließung zwingen. Viele der NGOs, die der Orbán-Regierung ein Dorn im Auge sind, werden auch von Soros-Stiftungen unterstützt, wie etwa das Helsinki-Komitee, das Asylbewerbern hilft.

In Ungarn läuft seit Monaten eine Regierungskampagne mit antisemitischen Untertönen, die Soros als einen "Strippenzieher" dämonisiert, der etwa 2015 die Flüchtlingswanderungen nach Europa organisiert haben soll. (Gregor Mayer aus Budapest, 13.6.2017)