Die in Europa am Vormarsch befindlichen Grauhörnchen aus Nordamerika bekräftigen die Studienergebnisse: Diese Neobiota verdrängten bislang vor allem in Großbritannien und Italien die dort heimischen Eichhörnchen.

Tim M. Blackburn

Wien – Schuld ist wieder einmal der Mensch. Aufgrund der vielfältigen Reise- und Transportaktivitäten dringen immer mehr neue Arten in Gebiete vor, in denen sie ursprünglich nicht heimisch waren. Das ist längst wissenschaftlich bewiesen. Unklar war bis jetzt aber, wo die meisten Neobiota anzutreffen sind und welche Faktoren ihre Verteilung prägen.

Ein internationales Team aus 25 Forschern unter der Leitung von Wayne Dawson (Uni Durham) unter Beteiligung von Forschern der Uni Wien erstellte erstmals eine Datenbank mit den Vorkommen von acht Tier- und Pflanzengruppen (Säugetiere, Vögel, Amphibien, Reptilien, Fische, Spinnen, Ameisen, Gefäßpflanzen) in einer Region außerhalb ihres Heimatgebiets. Auf diese Weise konnten die Wissenschafter zum ersten Mal überhaupt die globale Verteilung von Neobiota in einer großen Anzahl wichtiger Organismengruppen erfassen.

Hawaii führt vor Neuseeland

Wichtigstes und nicht ganz unerwartetes Ergebnis der Studie, die im Fachblatt "Nature Ecology and Evolution" veröffentlicht wurde: Inseln und Küstenregionen weisen die höchsten Zahlen eingebürgerter Neobiota auf. An erster Stelle befindet sich Hawaii, gefolgt von der Nordinsel von Neuseeland und den kleinen Sundainseln Indonesiens.

Die große Anzahl von Neobiota hat massive Konsequenzen, da einheimische Arten verdrängt und natürliche Lebensräume verändert werden. Dies ist auf Inseln besonders problematisch, da viele der dort heimischen Arten nur auf der Insel selbst vorkommen, und sie daher besonders rasch durch Neobiota verdrängt werden.

Gegenstrategien sind möglich

Warum Hawaii und Neuseeland bei allen untersuchten Artengruppen an der Spitze liegen, erklärt der Ökologe Franz Essl (Uni Wien), der an der Studie beteiligt war: "Beide Regionen sind abgelegene und ursprünglich sehr isolierte Inseln, in denen manche Organismengruppen von Natur aus fehlten – wie etwa Säugetiere. Heute liegen beide Regionen in ökonomisch hochentwickelten Ländern mit intensiven Handelsbeziehungen und dementsprechend massiven Folgen für die Einschleppung und Einbürgerung von Neobiota".

Neuseeland zeige laut Essl aber auch, dass erfolgreiches Handeln gegen die Neobiota möglich sei: Man habe dort nicht nur wirksame Regelungen erlassen, sondern auch auf kleinen Inseln eingeschleppte Räuber wie Ratten und Mäuse erfolgreich ausgerottet. (tasch, 12.6.2017)