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Foto: REUTERS/David Maialetti/Pool

Norristown – Für die US-Fernsehlegende Bill Cosby wird es ernst. Nach den Schlussplädoyers im Prozess um sexuellen Missbrauch setzt die Jury am Dienstag ihre Beratungen über das Urteil fort, die zwölf Geschworenen könnten noch im Lauf des Tages ihr Urteil über den früheren Megastar des US-Fernsehens fällen. Dem 79-jährigen Cosby drohen bei einem Schuldspruch bis zu 30 Jahre Haft sowie eine hohe Geldstrafe.

In ihrem Abschlussplädoyer am Montag hatte die Verteidigung die Glaubwürdigkeit der Frau in Zweifel gezogen, die dem Schauspieler vorwirft, sie sexuell missbraucht zu haben. "Lassen Sie nicht zu, dass sie sich als Opfer bezeichnet", sagte Cosbys Anwalt Brian McMonagle zu den zwölf Geschworenen – sieben Männer und fünf Frauen.

Cosby selbst gab auf die Frage des Richters in Norristown im Bundesstaat Pennsylvania bekannt, dass er nicht selber in dem Strafprozess aussagen wolle. Zwischenzeitlich hatte es in den vergangenen Tagen Spekulationen gegeben, dass der 79-Jährige entgegen früherer Ankündigungen vielleicht doch in den Zeugenstand treten könnte. Er entging damit einem Kreuzverhör, verzichtete aber auch auf die Chance, der Jury selbst seine Sicht der Dinge vorzutragen und sie möglicherweise so für sich einzunehmen.

Angebliche Widersprüche

Sein Verteidiger hob angebliche Widersprüche in den Aussagen von Andrea Constand vor, die Cosby beschuldigt, sie im Jahr 2004 in seinem Haus nahe Philadelphia mit Tabletten betäubt und sich anschließend an ihr vergangen zu haben. Constand hatte anfangs abweichende Angaben zum Datum des Vorfalls und zu den vorhergehenden und nachfolgenden Ereignissen gemacht.

In seinem 90-minütigen Plädoyer unterstrich McMonagle auch, dass Constand seinerzeit bereits mit Anwälten gesprochen habe, bevor sie erstmals ihrer Mutter davon erzählt habe. Das Hauptargument der Verteidigung lautet, dass Cosby zwar sexuellen Kontakt mit der damaligen Universitätsmitarbeiterin hatte – dieser sei aber einvernehmlich gewesen.

Insgesamt nahm sich die Verteidigung nicht viel Zeit, um ihre Argumente darzulegen. Als einziger von ihr benannter Zeuge sagte am Montag einer der Polizisten aus, die seinerzeit Constands Aussage aufgenommen hatten. Er wurde jedoch nur wenige Minuten lang befragt.

Ehefrau Camille unter Zuschauern

Die Staatsanwaltschaft hatte hingegen über die gesamte vergangene Woche hinweg Zeugen aufgerufen, darunter Constand selbst, deren Mutter und eine weitere Frau, die Cosby Missbrauch vorwirft.

Insgesamt wird der Schauspieler von rund 60 Frauen beschuldigt, sich in früheren Jahrzehnten an ihnen vergangen zu haben. Da die meisten Anschuldigungen aber verjährt sind, beschränkt sich der Strafprozess in Norristown auf einen einzigen Fall.

Dem Fernsehkomiker drohen bis zu 30 Jahre Haft. Am Montag saß erstmals auch Cosbys Ehefrau Camille unter den Zuschauern im Gerichtssaal, das Paar ist seit 53 Jahren verheiratet.

Nur wenige Größen der US-Entertainmentbranche sind im öffentlichen Ansehen derart tief abgestürzt wie Cosby. Jahrzehntelang wurde er als "Amerikas Dad" verehrt. In der Rolle als liebenswürdiger Arzt und gutmütiger Familienvater in seiner "Cosby Show" war er einer der beliebtesten TV-Stars des Landes. Inzwischen haben sich auch die meisten Kollegen aus dem Showbusiness von ihm abgewandt. (APA, 13.6.2017)