Foto: Rocket League

Dank kommender Updates für die Games "Minecraft" und "Rocket League" werden Besitzer einer Nintendo Switch und einer Xbox One künftig online mit- und gegeneinander spielen können. Diese Vereinigung zweier Plattformen wird in der Branche Crossplay genannt und war bislang vor allem nur zwischen nicht konkurrierenden Plattformen wie Konsole und PC bekannt.

Dass nun Nintendo und Xbox gemeinsame Sache machen, ist also durchaus als Besonderheit zu sehen. Ein Mitbewerber wird allerdings vermisst: Marktführer Playstation scheint diesem Bund zumindest vorerst nicht beitreten zu wollen. Dabei hatte sich Microsoft in der Vergangenheit bereits mehrmals als Crossplay-Partner angeboten. Weshalb nimmt Sony die Einladung nicht an?

Kein philosophischer Grund

"Es gibt keinen philosophischen Grund, der dagegen spräche. Wir haben das schon in der Vergangenheit gemacht", sagt Sonys Sales-Chef Jim Ryan gegenüber der Seite Eurogamer und erinnert dabei an die Crossplay-Funktionalität mancher PS4- und PC-Games. "Wir haben immer ein offenes Ohr für Herausgeber und Entwickler, die mit uns darüber sprechen wollen", so Ryan. In beiden oben genannten Fällen dürfte man die Gespräche jedoch recht bald abgebrochen zu haben. "Leider ist es eine wirtschaftliche Frage zwischen uns und anderen Anlegern und ich kann hier nicht ins Detail gehen. Und ich kann jetzt ihre Augen rollen sehen."

Verantwortung gegenüber Spielern

Während Ryan im Interview nicht weiter auf die wirtschaftlichen Gegenargumente eingeht, beteuert der Manager auch, dass man eine "Verantwortung gegenüber der eigenen Spielerschaft" habe.

"Wir haben einen Vertrag mit den Leuten, die über uns online gehen, wonach wir auf sie achten und sie innerhalb des von Playstation kuratierten Universums bleiben. Beispielsweise Kinder externen Einflüssen auszusetzen, die wir nicht handhaben können, ist etwas, über das wir genau nachdenken müssen", sagt Ryan. Dass das bekanntlich kinderfreundliche Nintendo zu dieser Öffnung bereit war, respektiere man, doch man wolle diese Entscheidung für sich selbst treffen.

Das wirtschaftliche Gegenargument

Was Ryan im Interview nicht ansprechen will (und auch nicht gefragt wird), ist die Frage, welchen Vorteil oder Nachteil Sony von einer Zusammenarbeit mit der Konkurrenz hätte. Mit der PS4 betreibt man das mit Abstand größte Konsolen-Ökosystem. Wollen Kunden von dieser großen (Online-)Spielerschaft profitieren, sind sie aktuell gezwungen, ebenfalls eine PS4 inklusive PS-Plus-Mitgliedschaft zu erwerben. Und dabei ist es klar, dass der größte Player am Markt am längeren Ast sitzt, als die Verfolger, die Interesse daran haben, ihre Online-Reichweite auf jede Weise zu erhöhen, um eine größere Spielerbasis bei Multiplayergames zu bieten.

Finden "Minecraft"-Spieler auf der Switch online beispielsweise keine Kameraden, weil zu wenige Spieler im Nintendo-Netzwerk unterwegs sind, stellt sich die Frage, ob man "Minecraft" nicht besser auf einer größeren Plattform spielen sollte. Mit der Öffnung zwischen Nintendo und Xbox hilft man sich – als kleinere Player – in diesem Punkt gegenseitig aus. Playstation wiederum sieht sich hier mit der größten Installationsbasis nicht unter Zugzwang. Im Gegenteil: öffnet man sein Playstation-Netzwerk, geht ein Grund verloren, weshalb man sich als Switch- oder Xbox-One-Spieler eine PS4 anschaffen sollte. Daher ist Crossplay "eine wirtschaftliche Frage zwischen uns und anderen Anlegern", wie Ryan es ausdrückt.

Goodwill

Dafür spräche gewiss, Crossplay als nette Geste für die Allgemeinheit zuzulassen. Diese Sympathiekarte auszuspielen fällt Nintendo und Microsoft als Herausforderer naturgemäß leichter – der Marktführer wird so rasch zum Buhmann. Noch dazu, wenn man "For the Players" als Werbeslogan hat. Es wäre jedoch verfehlt, nun auf der einen Seite das Gute und auf der anderen das Böse zu vermuten. Konzerne sind und bleiben keine Wohltätigkeitsvereine, die per se Kundenwünsche an vorderste Stelle reihen – selbst wenn Fans das oft und gerne missverstehen. Hinter Xbox' und Nintendos Freundschaft steht ebenfalls ein gemeinsames kommerzielles Interesse und es ist leicht vorstellbar, dass beide Hersteller in Sonys Schuhen einer Öffnung gegenüber ähnlich verhalten wären. (Zsolt Wilhelm, 14.6.2017)