Die Streifenköpfige Bartagame ist eine Echsenart, deren Geschlecht davon abhängt, welchen Temperaturen die Eier ausgesetzt waren.

Steohen Sarre

Forscher fanden nun den Gendefekt, der dahintersteckt.

Arthur Georges

Canberra/Wien – Es war rund um 1900 eine heiß diskutierte Frage in der Wissenschaft und der Medizin: Kann man durch bestimmte Maßnahmen – wie etwa eine spezielle Diät – das Geschlecht des Nachwuchses steuern? Der Wiener Embryologe Samuel Schenk glaubte einen Weg gefunden zu haben und beriet sogar den russischen Zarenhof. Sein Behauptungen stellten sich als Irrtum heraus und Schenk verlor seine Professur, was freilich auch antisemitische Gründe hatte.

Heute weiß man, dass bei Säugetieren das Geschlecht allein von den Genen abhängt und von der Umwelt unbeeinflusst ist. Wissenschafter nennen das "genetische Geschlechtsdetermination". Doch das ist nicht bei allen Tieren so, wie die Forscher der Biologischen Versuchsanstalt in Wien bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts vermutet hatten.

Temperatur prägt Geschlecht

Insbesondere bei Reptilien gibt es die "modifikatorische Geschlechtsdetermination", bei der die Temperatur das Geschlecht mitbestimmt: Bis etwa 30 Grad Celsius schlüpfen etwa aus Krokodileiern Weibchen, ab 34 Grad nur noch Männchen, dazwischen "unmodifizierte" Männchen oder Weibchen. Bei Schildkröten ist es temperaturmäßig umgekehrt.

Wie genau die Wärme auf das Geschlecht Einfluss nimmt, war bis jetzt aber ein Rätsel, für nun Forscher um Arthur Georges (Uni Canberra) neue Lösungen haben. Modellorganimus für die Untersuchungen des Teams um Georges ist die Streifenköpfige Bartagame, eine rund 50 Zentimeter lange Echsenart, die in Australien lebt.

Defekt in Entwicklungsgenen

Bekommen die Bartagamen-Eier mehr Wärme ab, führt das zu weiblichem Nachwuchs. Das Besondere an der Spezies ist, dass die Chromosomen der durch Wärme "modifizierten" Weibchen anders aussehen als bei den "unmodifizierten" Weibchen.

Bei den "Wärme-Weibchen" entdeckten die Forscher einen Defekt in den beiden für die Entwicklung maßgeblichen "Jumanji"-Genen JARID2 und JMJD3, wie sie im Fachblatt "Science Advances" berichten. Das wiederum führe zur Verkürzung der Proteine und ermögliche die Geschlechtsmodifikation. Diese Jumanji-Gendefekte würden sich auch bei Krokodilen und Schildkröten finden und ein evolutionär entsprechend alter Mechanismus sein.

Geschlecht und Klimawandel

Aufgrund der Klimaerwärmung könnte sich dieser Zusammenhang zwischen Umweltstress und Geschlecht in Zukunft aber womöglich als kontraproduktiv erweisen. Männliche Streifenköpfige Bartagamen dürften in Zukunft jedenfalls eher eine Minderheit darstellen. (tasch, 15.6.2017)