Verteidigen und schützen: Federica Mogherini und Jyrki Katainen bei der Präsentation der Pläne zum Aufbau einer EU-Verteidigungspolitik in Brüssel vergangene Woche.

Foto: afp/THIERRY CHARLIER

Diese Woche hat die Europäische Kommission ein Diskussionspapier zur Zukunft der europäischen Verteidigungspolitik vorgelegt. "Die Zeiten, in denen die Europäer sich ausschließlich um weiche Sicherheit gekümmert und sich nur auf den harten transatlantischen Schirm verlassen haben, sind vorbei", heißt es darin. Tatsächlich war die europäische Verteidigungspolitik bisher der unterentwickeltste Teil der europäischen Integrationspolitik – Vorschläge für eine EU-Armee wurden lange Zeit eher belächelt.

Konflikte in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in der Ukraine, Krisenherde im Nahen Osten, Naturkatastrophen in Afrika und Unsicherheiten in bestehenden Allianzen haben uns gezeigt, dass wir Frieden im Inneren und Sicherheit gegen äußere Bedrohungen nicht so selbstverständlich wie bisher nehmen dürfen. Dass ein amerikanischer Präsident Zweifel an der Nato und der Verlässlichkeit der USA hervorruft, wäre noch vor ein paar Jahren undenkbar gewesen. Genau deshalb muss sich Europa darauf vorbereiten, mehr Verantwortung auf der Weltbühne zu übernehmen – zu seinem eigenen Interesse.

Drei Szenarien

Ob auf österreichischer Ebene über die Parteigrenzen hinweg oder auf europäischer Ebene mit Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, die EU-Armee findet immer mehr prominente Befürworter. In ihrem Diskussionspapier entwirft die Kommission drei Szenarien, wie die EU bis 2025 militärisch aufgestellt sein könnte. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Eine gemeinsame EU-Armee wäre neben dem sicherheitspolitischen Effekt auch ein wichtiger Beitrag zur Effizienzsteigerung. Die liberale Fraktion im EU-Parlament, die Alde, hat dazu schon vor zwei Jahren einen detaillierten Plan zur Umsetzung vorgelegt: Die Zusammenführung europäischer Heere rund um Eurocorps und bereits bestehender regionaler Initiativen mit einem Budget und den nationalen Kapazitätsplanungen, die auf die europäischen Planungen abgestimmt sind. Darin enthalten ist auch die gemeinsame und damit koordinierte Beschaffung und eine effiziente Entscheidungs- und Kommandostruktur. Denn eine gemeinsame Armee und ein europäischer Verteidigungsfonds dürfen nicht bedeuten, dass die Haushaltsdisziplin vernachlässigt wird.

Grundsatzfragen stellen

Dazu muss sich Europa endlich einigen Grundsatzfragen stellen: Was sollen die zentralen Aufgaben einer EU-Armee sein? Welche sind die größten Sicherheitsprobleme der EU? Wie ist das Verhältnis einer EU-Verteidigungsgemeinschaft zur Nato? Das Papier der Kommission ist eine gute Diskussionsgrundlage. Nun sind die Regierungen der Mitgliedsstaaten am Zug, die nun beweisen können, wie ernst es ihnen mit ihren Forderungen aus Sonntagsreden nach mehr Sicherheit ist. Denn Sicherheit für die europäischen Bürger können wir nur gemeinsam garantieren. (Angelika Mlinar, 16.6.2017)