Wien – Das für die Öffentlichkeit wichtigste Rennen des Giacomo Agostini ist noch nicht entschieden. 122 Grand Prix hat der Mann aus Brescia gewonnen, der am Freitag seinen 75. Geburtstag begeht und als der größte Motorradrennfahrer der Geschichte gilt. Landsmann Valentino Rossi hält bei 114 Siegen, und es ist trotz seiner 38 Jahre nicht ausgeschlossen, dass "Il Dottore" sein Idol in dieser Wertung ebenso überholt, wie er es bei Starts (354:194) und Podestplätzen (224:159) schon getan hat.
Den Rekord von 15 Weltmeistertiteln nimmt Agostini wohl keiner mehr. Von 1968 bis 1972 triumphierte er sogar jeweils in der 500er- und 350er-Klasse auf seiner legendären MV Agusta Tre in Rot und Silber mit der schwarzen Nummer eins auf gelbem Untergrund. Für Rossi, den neunmaligen Weltmeister, ist Agostini, der 1977 aufhörte, nachdem er dem Engländer Barry Sheene im Ringen um den Titel in der Halbliterklasse unterlegen war, der Größte. Ihm steht noch bevor, was "Ago" schon hinter sich hat. "Als ich aufgehört habe, habe ich drei Tage in Folge geweint, danach habe ich mich damit abgefunden. Das Leben geht weiter."
Nachdem er abgestiegen war, versuchte sich Agostini erfolglos als Autorennfahrer. Besser kam er als Manager von Motorrad-WM-Teams von Yamaha, Cagiva und Honda zurecht. Bis heute ist er bei einschlägigen Veranstaltungen ein gerne gesehener Gast. Der zweifache Vater präsentiert seine alten Eisen, schmückt Nostalgierennen, ist aber nicht restlos glücklich. "Ich würde alles geben, um 40 Jahre jünger zu sein", sagte er dem Corriere della Sera. Die Siege, das Erklingen der Hymne, die glücklichen Gesichter der Fans – all das fehle ihm noch immer sehr. (sid, red, 15.6.2017)