Cannes-Juror Christian Gosch.

Foto: Severin Wurnig

Macht auf Gefahren im Straßenverkehr aufmerksam: "Meet Graham"

TACVictoria

Organspendenkampagne: "The World’s biggest Asshole"

Sarah Waitress

"The Refugee Nation"

The Refugee Nation

"The Superhumans": Rio Paralympics 2016.

Channel 4

"New York Times" mit "The truth is hard to find".

The New York Times

Cannes/Wien – Mehr als 41.000 Einreichungen aus rund 100 Ländern in 24 Kategorien haben die Juroren beim Werbefestival in Cannes wieder zu bewerten. Je nach Kategorie kostet eine Einreichung zwischen 500 und 1600 Euro. Dem Veranstalter – der Londoner Ascential Group – spielen allein die Einreichgebühren mehr als 30 Millionen Euro herein. Dazu kommen die regulären Teilnahmegebühren, die je nach Package zwischen 3000 und 5000 Euro liegen. Aus Österreich nehmen dieses Jahr laut offizieller Cannes-Liste 138 Einreichungen teil, um mehr als 20 Prozent als 2016. Details zu den Einreichungen siehe Downloads links.

Welche Kampagnen punkten werden

"Auch als Juror bin ich in erster Linie Konsument. Die Kampagne muss mich also überraschen, relevant interessieren und vielleicht auch noch technologisch faszinieren. Wenn sie ein für mich nachvollziehbares Problem neuartig löst, verdient sie meine Aufmerksamkeit und eine entsprechende Bewertung", sagt Christian Gosch, Kreativdirektor bei Serviceplan Austria und 2017 der einzige Cannes-Juror aus Österreich. In der Vorjury urteilte er über die weltbesten Arbeiten in der Kategorie "Direct" mit.

Chancen sieht er dieses Jahr für "Meet Graham", "The World’s biggest Asshole", "The Refugee Nation", "We’re the Superhumans" oder auch für "The truth is hard to find". Gosch: "Alles aufrichtige Kampagnen mit großen, weltweit nachvollziehbaren Insights, die bestimmt quer durch die Kategorie-Landschaft scoren werden."

Gegen Hirngespinste

Bei Awards einzureichen ist aufwendig und kostet Geld. Wie wichtig sind Preise für Agenturen, welchen Stellenwert haben sie für Kunden? "Kunden lieben Awards, wenn man sie mit einer Arbeit gewinnt, die tatsächlich beauftragt wurde und nachweislich erfolgreich war", sagt Gosch, "Kunden können es aber aus meiner Sicht immer weniger leiden, wenn man bezahlte Tagesgeschäftskapazitäten blockiert, um sie auf Basis erfundener Briefings mit irrelevanten Goldarbeiten für die Agenturvitrine zu nerven. Und das kann ich auch ganz gut nachvollziehen." Awards seien super, wenn sie erfolgreiche Arbeit bestätigen, aber "nichts wert, wenn sie für Hirngespinste verliehen werden".

Chancen für Pistenraupen-Irrfahrt

Mit dabei in Cannes ist dieses Jahr auch die umstrittene Pistenraupen-Kampagne von SR1. Die Agentur und der Seefelder Tourismusverband ließen eine Pistenraupe in der namensgleichen norddeutschen Gemeinde Seefeld statt in Tirol landen. Zahlreiche Medien berichteten darüber. Die Kampagne wurde sowohl vom deutschen als auch vom österreichischen PR-Ethikrat gerügt, Medien seien in die Irre geführt worden. Vom Creativ Club Austria (CCA) wurde die Agentur im März dafür bei Promotion vergoldet. Auch in der PR-Kategorie wäre die Kampagne den Juroren Gold wert gewesen. Die Agentur zog die Einreichung in dieser Kategorie aber wie berichtet kurz vor der Verleihung zurück.

Christian Gosch gibt der Raupe in Cannes Chancen. "Die Arbeit hat mit einem frechen, unterhaltsamen und offensichtlich europaweit wahrgenommenen Zugang das Briefing erfüllt, den Ort Seefeld zum Gesprächsthema zu machen", sagt er. "In einer Jury mit dem richtigen Sinn für Humor kann ich mir schon eine Auszeichnung vorstellen. Vor allem, weil ich glaube, dass dieser unangenehme Beigeschmack, den die Arbeit aufgrund des etwas unorthodoxen Umgangs mit der Presse in Österreich hatte, in Cannes nicht wirklich eine Rolle spielen wird."

Heimische Arbeit, eingereicht aus Deutschland

2016 war Gosch in Cannes mit dem Kunden Ötztal Tourismus und dem "Save me"-Skipass erfolgreich und holte dort wie berichtet Gold. Die Einreichung erfolgte jedoch über Serviceplan München, zählt also im Länderranking für Deutschland. Bei Serviceplan erfolge das Einreichmanagement im Wesentlichen weiterhin von München aus. "Diese zentrale Organisation erspart den einzelnen Standorten eine Menge Arbeit, und wir können uns darauf verlassen, dass die Entry-Prozesse auf dem höchstmöglichen Professionalitätslevel abgewickelt werden", sagt Gosch. "Solange es in Österreich kein offizielles Kreativranking gibt, hält sich mein Blutdruck über die teilweise irreführende Länderzuordnung ein bisschen in Grenzen." (ae, 16.6.2017)