"Bartholomäusnacht" mit Melker Stiftskirche im Hintergrund, vorn von links: Giuseppe Rizzo, Christian Kainradl und Katharina Stemberger.

Foto: Daniela Matejschek

Melk – Eigentlich wollte man in der Nacht auf den 24. August 1572 den Frieden zelebrieren. Durch eine Hochzeit in Paris sollten Katholiken und protestantische Hugenotten nach langem Religionskrieg ausgesöhnt werden. Doch kurz nachdem der französische König die Schlachtplatte aufgetischt hatte, ließ er auch die angereisten Hugenotten abschlachten. Der Hinterhalt ging als "Bartholomäusnacht" in die Geschichte ein.

Die Sommerspiele Melk widmen dem blutigen Religionskrieg des 16. Jahrhunderts ihr Eröffnungsstück unter dem schlichten Titel Bartholomäusnacht. Unkonventioneller ist das Bühnenbild, für das tausende Plastikflaschen auf Bühnenelementen festgeklebt wurden. Das Stift Melk erstreckt sich hinter der offenen Bühne und wird mit ein wenig Fantasie zum prunkvollen Schloss Versailles. Die Dramaturgie des Stücks scheint sich im Einklang mit der natürlichen Lichtstimmung zuzuspitzen. Und als die ersten Hugenotten niedergestreckt werden, wird auch der Himmel über Melk dunkel.

Politische Eskalation und große Gefühle

Chronologisch wird im Stück die politische Eskalation in der französischen Hauptstadt erzählt. Die historische Überlieferung wurde von Autor Stephan Lack und Regisseur Alexander Hauer mit großen Gefühlen, enttäuschten Liebschaften und dramatischen Familienspaltungen ausgeschmückt.

Braut und Bräutigam brechen schon in der Hochzeitsnacht den gelobten Treueschwur, und der katholische Hauptmann findet auf der Liste der zu Ermordenden den eigenen protestantischen Bruder. Doch trotz Mord und Totschlag fließt kein Theaterblut, vieles wird nur angedeutet.

Bogen zu Aktuellem

Unaufdringlich, aber trotzdem eindrücklich wird im Stück auch der Bogen zu aktuellen Religionskonflikten gespannt. "Wir leben in einer sonderbaren Zeit, in der die Geistlichen zum Krieg aufrufen", sinniert die französische Prinzessin. Im Stück zitiert wird der Journalist Antoine Leiris, dessen Frau bei dem IS-Anschlag im Pariser Club Bataclan ermordet wurde. Mit der Pistole am Kopf ruft der verfolgte Hugenottenkönig: "Meinen Hass bekommt ihr nicht!"

Als die Sonne wieder aufgeht, ist Paris noch tiefer gespalten als zuvor. Die Königin Katharina de Medici und ihr Sohn am französischen Thron kämpfen mit der Schuldfrage. "Menschlich ist es heute, grausam zu sein, grausam, heute menschlich zu sein", versucht sich die Königin zu erklären. Und dann durchbricht das glänzende Ensemble die vierte Wand und fragt: "Wann war das erste Mal, als Sie wahrgenommen haben, wozu der Mensch fähig ist?" (Eva Walisch, 16.6.2017)