Lästiger Behang: Lianen nutzen Bäume als Infrastruktur – und geben nichts zurück.

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Panama-Stadt – Es fällt schwer, beim Wort "Liane" die unvermeidliche Assoziation "Tarzan" zu unterdrücken. Lianen sind aber nicht einfach irgendwelche Ranken, die von Bäumen herabhängen – tatsächlich handelt es sich um erbitterte Konkurrenten ebendieser Bäume.

Was Bäume und Lianen gemeinsam haben, ist der Umstand, dass beide Wörter keine Verwandtschaftsgruppe bezeichnen, sondern eine Wuchsform. Ganz unterschiedliche Pflanzenarten haben die Strategie entwickelt, ihre Ranken an Baumstämmen entlang nach oben klettern zu lassen. Da auch Lianen im Boden wurzeln, konkurrieren sie mit ihren unfreiwilligen Trägern unten um Nährstoffe und oben, wo sie ihre eigenen Blätter entfalten, um Sonnenlicht. Und Lianen haben einen Vorteil: Obwohl sie verholzen können, bleibt ihnen der Aufwand erspart, einen eigenen stabilen Stamm auszubilden.

Das Experiment

Forscher des Smithsonian Tropical Research Institute haben in einem mehrjährigen Feldversuch erstmals untersucht, wie sich die Kletterpflanzen auf Bäume auswirken. Dafür steckte das Team um Maria Garcia León im Regenwald von Panama 16 Versuchsfelder ab, in denen sämtliche vorkommenden Baum- und Lianenarten genau katalogisiert wurden. Anschließend wurden in der Hälfte der Felder sämtliche Lianen entfernt.

Die Bäume nahmen daraufhin deutlich unterschiedliche Entwicklungen. Zwei Jahre nach der Lianenentfernung war die Zahl der im Blätterdach vertretenen Bäume auf den lianenlosen Versuchsfeldern um 173 Prozent größer als in denen der Kontrollgruppe. Die Zahl an früchteproduzierenden Baumspezies war um 169 Prozent höher, und unter diesen war die jeweilige Baumkrone um die Hälfte mehr mit Früchten bedeckt. Bei der letzten Messung 2016, fünf Jahre nach der Lianenentfernung, waren die Bäume gegenüber ihren behängten Artgenossen immer noch deutlich im Vorteil.

Lianen haben also eine beträchtliche Auswirkung auf das Wohl von Bäumen – aber nicht nur: Da die Kletterpflanzen die Produktion von Früchten hemmen, bleibt weniger für die Tiere des Waldes übrig. Und es ist nicht so, als würden sie ihrerseits etwas spenden: Die meisten Lianen in den südamerikanischen Tropen verbreiten ihre Samen nämlich mit dem Wind, erklärt Garcia León, und bilden deshalb keine eigenen Früchte aus. Sie nehmen, ohne zu geben. (red, 16. 6. 2017)