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Der Tatort nahe der Station Finsbury Park wird von Polizisten gesichert.

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Die Gegend rund um den Finsbury Park wurde abgesperrt.

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Ermittler am Tatort am Morgen nach der Tat.

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Die Moschee in Finsbury Park auf einer Archivaufnahme.

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Polizisten untersuchen den Tatort.

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London – Der Vorfall nahe einer Moschee in London ist nach Angaben von Augenzeugen ein gezielter Angriff auf Muslime gewesen. Der Fahrer des Lieferwagens habe nach der Tat "Alle Muslime! Ich will alle Muslime töten!" gerufen, sagte der Augenzeuge Khalid Amin am Montag der BBC. Der Mann habe seinen Wagen im Stadtteil Finsbury Park vorsätzlich in die Menge gesteuert und die Menschen "einfach überfahren".

Toufik Kacimi, der Leiter der Moschee, berichtete Sky News, dass der Mann "Ich habe meinen Teil getan" gerufen habe. Der Imam der Moschee habe den Lenker vor einem wütenden Mob Umstehender gerettet, nachdem er den Lieferwagen verlassen hatte. "Menschen hielten ihn fest und begannen ihn zu schlagen. Unser Imam Mohammed Mahmoud kam hinzu und rettete ihn, rettete quasi sein Leben", sagte er.

Krisensitzung

Der Vorfall hatte sich in der Nacht auf Montag im Nordosten der britischen Hauptstadt ereignet. Anti-Terror-Ermittler der Polizei übernahmen die Ermittlungen. Premierministerin Theresa May berief eine Krisensitzung ein und erklärte, der Vorfall werde als "möglicher Terroranschlag" behandelt. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan sprach von einem "schrecklichen Terroranschlag".

Die Polizei hatte zunächst von einem Toten und zehn Verletzten gesprochen. Alle Opfer seien Muslime. Später gab der Anti-Terror-Ermittler Neil Basu allerdings bekannt, die Todesursache des gestorbenen Mannes sei noch unklar. Er wurde demnach gerade von Rettungskräften versorgt, als der Lieferwagen in die Menschenmenge raste. Später sei der Mann am Tatort verstorben. Ob es zwischen seinem Tod und dem mutmaßlichen Anschlag einen Zusammenhang gebe, müssten die Ermittlungen zeigen.

Die Polizei konnte den 48-jährigen Fahrer festnehmen. Er wurde nach Polizeiangaben in ein Krankenhaus gebracht, wo sein Geisteszustand untersucht werden soll. Die Tat werde vorerst aber "wie ein Terroranschlag behandelt", sagte Basu. Dem Fahrer wird demnach versuchter Mord vorgeworfen. Weitere Verdächtige gebe es nicht.

Notruf kurz nach Mitternacht

Ein erster Notruf sei kurz nach Mitternacht eingegangen, der einen "Zusammenstoß zwischen einem Fahrzeug und Fußgängern" gemeldet habe, erklärte die Polizei.

Der Vorfall ereignete sich um Nordosten der britischen Hauptstadt in der Nähe einer Moschee und der U-Bahn-Station Finsbury Park. Die Polizei sprach anfänglich von einem "schweren Zwischenfall" in der Seven Sisters Road.

Corbyn will beten

Großbritanniens Oppositionsführer Jeremy Corbyn kündigte Montagfrüh auf Twitter an, in der betroffenen Moschee beten zu wollen. Der Vorsitzende der Labour Party ist Wahlkreisabgeordneter des Stadtteils, in dem der Angriff passierte.

"Ich bin schockiert von dieser entsetzlichen und grausamen Attacke (...). Meine Anteilnahme gilt der Familie und den Freunden des Mannes, der gestorben ist", schrieb Corbyn. Er wolle die Moschee am Montag zusammen mit dem Vorsitzenden der Bezirksverwaltung besuchen.

Ex-Premier David Cameron rief zu Geschlossenheit auf. Von einer "entsetzlichen terroristischen Attacke auf friedlich betende Muslime", schrieb er auf Twitter. "Wir alle müssen gegen solches Böse zusammenstehen."

Vermuteter Angriff auf Muslime

Der islamische Dachverband, das Muslim Council of Britain, vermutet einen Angriff auf Muslime. Auf Twitter teilte die Organisation mit, dass der Lieferwagen Gläubige überfahren habe, als sie die nahe gelegene Moschee verlassen hätten.

Verbandschef Harun Khan schrieb, der Lieferwagen sei absichtlich in die Fußgänger gefahren.

Auch die Ramadan-Stiftung brachte den Zwischenfall mit Islamhass in Verbindung. Mohammed Shafiq von der muslimischen Organisation sagte in der Nacht auf Montag: "Ich verurteile diese sinnlose und böse Attacke mit einem Lieferwagen auf muslimische Gläubige außerhalb der Finsbury-Park-Moschee in London."

Die Moschee sei früher eine Anlaufstelle für Islamisten gewesen sein. Als Imam der Moschee hatte der in einem US-Terrorprozess zu lebenslanger Haft verurteilte Abu Hamza gewirkt. Hamza hielt in der Moschee in den 90er-Jahren radikalislamische und antiamerikanische Brandreden. Die neue Moschee-Leitung hatte in der Vergangenheit Drohungen erhalten.

Mehrere Angriffe in vergangenen Wochen

Großbritannien wurde zuletzt von drei Anschlägen erschüttert. Am 22. März war ein Mann mit einem Auto auf der Westminster Bridge in eine Menschenmenge gefahren, bevor er einen vor dem Parlament stationierten Polizisten mit einem Messer tötete. Insgesamt fünf Menschen wurden bei dem Anschlag getötet. Der Angreifer wurde erschossen.

Am 22. Mai sprengte sich ein Attentäter bei einem Konzert der Popsängerin Ariana Grande in Manchester in die Luft. 22 Menschen wurden getötet und dutzende verletzt. Am 3. Juni rasten drei Männer mit einem Kleinlaster in Fußgänger auf der London Bridge in der britischen Hauptstadt. Anschließend griffen sie Passenten im Viertel um den Borough Market mit Messern an. Acht Menschen wurden getötet. Die Polizei erschoss die Angreifer. (APA, AFP, Reuters, red, 19.6.2017)