Michael Muntean (44) ist Facharzt für Lungenkrankheiten und ärztlicher Leiter der Lungenrehabilitation im Humanomed-Zentrum Althofen in Kärnten.

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STANDARD: Wann müssen Allergiker zum Lungenfacharzt?

Muntean: Eine Allergie wie Heuschnupfen spielt sich lange Zeit in den oberen Atemwegen ab. Schnupfen und rinnende Augen sind die Symptome dafür. Es sind aber entzündliche Reaktionen. Die Gefahr ist, dass die Allergie mit den Jahren die Lunge angreift. Diesen Etagenwechsel gilt es unbedingt zu verhindern.

STANDARD: Die Heuschnupfenzeit geht vorbei. Ist es falsch, diese Zeit als Allergiker einfach durchzustehen?

Muntean: Die Allergien nehmen tendenziell zu. Es sind auch immer mehr Kinder betroffen. Sie haben also viele Allergieperioden vor sich. Wenn die Entzündung auf die Lunge übergreift, entsteht Asthma. Das ist insofern gefährlich, als es zu einer Chronifizierung und damit zu einer Lungenfunktionseinschränkung kommen kann. Im schlechtesten Fall entsteht eine chronisch obstruktive Variante von Asthma.

STANDARD: Dann wird aus einem Allergiker ein COPD-Patient?

Muntean: Wenn man Asthma nicht ernst nimmt und behandelt, kann es zu Symptomen wie bei COPD kommen. Es gibt viele Menschen, die gegen Stoffe allergisch sind, die nicht saisonal auftreten, etwa Hausstaub. Da ist die Gefahr der Chronifizierung hoch.

STANDARD: Wie erkennt ein Allergiker, dass seine Lunge schon betroffen ist?

Muntean: An Atemnot oder auch an Hustenanfällen. Es gibt viele Spielarten. Es kann sein, dass die Atemlosigkeit auch nur bei körperlicher Belastung auftritt. Viele Patienten kommen, weil ihre Nachtruhe gestört ist und sie tagsüber müde und abgeschlagen sind.

STANDARD: Wie lange dauert es, bis eine Allergie zu einer Lungenerkrankung wird?

Muntean: Das ist von Patient zu Patient unterschiedlich. Wir können es nicht vorhersagen. Insofern sollten Leute, die glauben, sie hätten nur Heuschnupfen, zum Arzt, um so die Entstehung von Asthma zu verhindern. Wenn sie schon asthmatische Symptome haben, ist es umso wichtiger.

STANDARD: Was kann man tun?

Muntean: Wir halten uns an die sogenannten Gina-Leitlinien, setzen Corticosteroide, Betamimetika oder Muskarinrezeptor-Antagonisten als Inhalationstherapie ein.

STANDARD: Was für wen?

Muntean: Die Medikamenteneinstellung ist ein Prozess, idealerweise im Rahmen eines Rehabilitationsaufenthalts. Wir probieren nicht nur Wirkstoffe und die Dosis, wir schulen Patienten auch in der Nutzung der Inhalationssprays.

STANDARD: Sind diese Inhalationssprays kompliziert zu handhaben?

Muntean: Patienten, die Inhalationssprays verwenden, nutzen sie meist bei Anfällen – dann also, wenn die Atemwege zugehen. Wir wissen, dass es dann sein kann, dass das Inhalationsspray zwar angewendet wird, aber kaum Wirkstoffe in den Körper gelangen. Insofern gelangt auch nicht die richtige Dosis in die Lungen. Deshalb ist eine Atemschulung extrem wichtig.

STANDARD: Bekommt man jede Form von Asthma in den Griff?

Muntean: Mit einer optimalen Medikamenteneinstellung und entsprechenden Lebensstilmaßnahmen hat man gute Chancen. Ein Rauchstopp ist für Asthmatiker zum Beispiel extrem wichtig, weil jede Zigarette den Entzündungsprozess anheizt. Wir haben mittlerweile auch neue monoklonale Antikörper für Asthmatiker. Sie kommen nur dann zum Einsatz, wenn alle anderen medikamentösen Optionen ausgeschöpft sind. (Karin Pollack, 20.6.2017)