Arbeitstraining für jugendliche Flüchtlinge in der WIFI-Bauakademie in Hohenems.

Foto: Jutta Berger

Hohenems – Ali Shafayi setzt Ziegel auf Ziegel. In der Wifi-Bauakademie in Hohenems lernt der 17-jährige Afghane den Umgang mit Maurerkelle und Mörtel, bekommt Grundkenntnisse über Materialien und Werkzeuge vermittelt. Der junge Mann, einer von 200 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in Vorarlberg, bekam eine ungewöhnliche Chance. Zusammen mit neun weiteren geflüchteten Jugendlichen durchläuft er eine dreimonatige Kurzausbildung, die ihm den Einstieg in eine Lehre oder als Hilfsarbeiter am Bau ermöglichen wird.

Das Pilotprojekt, eine Kooperation von Land Vorarlberg, der Firma i+R Bau, dem Arbeitsmarktservice und dem Institut für Sozialdienste, wurde im Mai gestartet. Im August haben dann die jungen Männer die Wahl, ob sie Hilfsarbeiter werden oder mit einer Lehre beginnen wollen. Ali Shafayi weiß bereits, welche der beiden Optionen er wählen wird: "Ich will unbedingt die Lehre machen und Maurer werden."

Die Idee zur Kurzausbildung hatte Anton Strini, der für die Landesregierung die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen koordiniert. In der Firma i+R Bau fand er engagierte Partner für das Projekt. Schließlich sucht man in der Baubranche dringend Fachkräfte. Finanziert wird über das AMS-Förderinstrument "Chance". Landeshauptmann Markus Wallner (VP) wünschte sich beim Lokalaugenschein in der Bauakademie mehr von diesen "unkonventionellen Projekten", auch in Handwerk und Tourismus. Er verweist auf 3.300 offene Stellen in Vorarlberg und 1.000 Flüchtlinge unter 25 Jahren. "Wir können doch nicht zulassen, dass hier 1.000 junge Menschen ohne Perspektive leben müssen."

Chance auf neue Lehrlinge

Das Training am Bau umfasst theoretische und praktische Module. Für die Theorie wurden einfache Arbeitsmappen entwickelt, die das Erlernen der Fachbegriffe über Symbole ermöglichen. Der praktische Teil wird auf Baustellen der i+R Bau abgewickelt. Obwohl die Burschen Leben und Arbeiten in einer "industriegetakteten Welt nicht gewohnt sind", so Flüchtlingsbetreuer Josef Gojo, verlaufe der Arbeitsalltag reibungslos. Beat Pilgram, von der Baufirma als Koordinator abgestellt, lobt Arbeitseifer und Pünktlichkeit der jungen Männer. Und die Toleranz auf den Baustellen: "Sie werden sofort in die Mitte genommen, es gibt keine Konflikte."

Reinhard Braito, Geschäftsführer der Baufirma, hofft, neue Lehrlinge zu rekrutieren, "denn der Arbeitsmarkt für Baufacharbeiter ist ausgetrocknet". Die gute Wirtschaftslage in Vorarlberg ist eine Chance für arbeitssuchende Bleibeberechtigte, wie die Statistik der letzten zwölf Monate zeigt. Die Zahl der unselbstständig beschäftigen Flüchtlinge stieg von 701 auf 1.096, was einer Steigerung von 56 Prozent entspricht. (Jutta Berger, 20.6.2017)