Bild nicht mehr verfügbar.

Die weltgrößte Luftfahrtmesse dauert noch bis Sonntag. Vertreten sind Hersteller aus Luftfahrt, Rüstung und Raumfahrt samt Zulieferern. Eine Embraer-Maschine (Bild) dürfte die originellste Bemalung haben.

Foto: AP / Michel Euler

Ohrenbetäubende Düsenjets, gereckte Zuschauerhälse – und hinter den Kulissen diskrete Verhandlungen im Schutz sonnenbebrillter Türsteher: Der alle zwei Jahre stattfindende Aérosalon von Le Bourget bei Paris hat am Montag seine Tore geöffnet.

Heuer wird das weltgrößte Treffen der Luftfahrtbranche keinen neuen Bestellungsrekord einspielen. Vor zwei Jahren hatten Airbus und sein US-Rivale Boeing zusammen fast 100 Milliarden Euro an Aufträgen eingefahren. Jetzt sind die Fluggesellschaften etwas knausriger. Der wichtigste Grund ist nicht sehr ökologisch: Wegen der tiefen Ölpreise haben Carrier weniger finanzielle Anreize, die älteren Spritfresser ihrer Flotte abzustoßen und durch Neumaschinen mit niedrigerem Kerosinverbrauch zu ersetzen.

Die Bestellflaute dürfte allerdings nur vorübergehend sein. Laut einer neuen Branchenstudie wird sich der zivile Flugverkehr in den nächsten zwanzig Jahre verdoppeln. Das erfordert 35.000 neue Maschinen.

Volle Auftragsbücher

Bei Airbus sind die Auftragsbücher zudem mit weit über 6700 Maschinen gefüllt; Boeing kommt auf deren 5700. Neue Konkurrenten wie die chinesische Comac oder die russische Irkut – beide sind heuer mit ihren brandneuen Mittelstreckenflugzeugen zu Pionierflügen gestartet – drängen zwar in den Markt; sie werden aber noch mindestens ein, wahrscheinlich eher zwei Jahrzehnte lang hinter den beiden Platzhirschen zurückbleiben.

Die Stammesfehde von Airbus und Boeing geht auch in Le Bourget weiter – und wie üblich mit Elementen psychologischer Kriegsführung. Die Amerikaner präsentierten am Montag eine verlängerte Version der B737 und bemühten sich um erste Aufträge indischer und chinesischer Leasingfirmen. Die Weiterentwicklung B737-max10 ist für 220 Passagiere geplant und eine direkte Antwort auf den Airbus A321neo, der sich mit 236 Sitzplätzen als eigentlicher Verkaufsrenner erwiesen hat.

Boeing hat aber einen weiteren Pfeil aus dem Köcher gezogen – den 797. Diese Maschine soll ab 2024 bis zu 250 Passagiere 8300 Kilometer weit befördern können. Damit wäre sie sowohl auf Kurzstrecken als auch auf der Atlantikroute einsetzbar und würde den A321neo herausfordern.

Ladenhüter A380

Auch beim doppelstöckigen A380, der seit gut einem Jahr zum Ladenhüter zu werden droht, gibt Airbus nicht so schnell auf: In Le Bourget werben die Europäer für eine modifizierte Version, die 13 Prozent Betriebskosten einsparen soll. Le Bourget 2017 zeigt auch auf, wie schnell die Elektrotechnologie die Luftfahrt erobern wird. Dazu gehören Flugtaxis, die wie Drohnen funktionieren und den überlasteten City-Verkehr revolutionieren könnten. Airbus arbeitet an einem modulartigen Projekt namens Pop.up, bei dem sich ein fahrender Elektrotaxi in eine fliegende Drohne verwandeln lässt.

Die chinesische Firma Ehang entwickelt ihrerseits ein Modell 184 für Passagiere mit weniger als 100 Kilo Gewicht (einschließlich Handgepäck); vier Propeller erlauben einen Radius von 40 Kilometer, ideal zum Beispiel für den Weg vom Flughafen auf das Dach eines Büroturms in der City. Gesteuert wird das Ding aus der Ferne, sodass sich der Passagier wie in einem – allerdings sehr engen – Taxi wähnen darf.

Airbus will in zehn Jahren elektrisch betriebene Helikopter anbieten. Elektrobatterien sollen langfristig auch Großraumflugzeuge bis zu 100 Passagiere antreiben. Abgesehen davon entwickelt die neue Airbus-Tochter Aerial Drohnen für den Transport von Objekten in schwer zugängliche Orte wie zum Beispiel Erdbebenzonen. Auch die rasche Datensammlung würde erleichtert. (Stefan Brändle aus Le Bourget, 19.6.2017)