Verena Mai: Per App bei der Studienwahl helfen

Foto: ho

Wien – "Einfach mal machen" – so kann man das Motto von Verena Mai, Christoph Trost und Roger Kerse zusammenfassen. Die drei lernten sich bei der European Innovation Academy in Frankreich kennen, und nach den drei Wochen war ihnen klar: Sie wollen gemeinsam etwas aufbauen. Im Mai 2015 begannen sie an der Unispotter-App zu basteln, eineinhalb Jahre später war sie am Markt, diesen Sommer wird nach England expandiert.

STANDARD: Mit Unispotter wollt ihr jungen Menschen bei der Studienwahl helfen – und zwar zeitgemäß, also mobil und möglichst unkompliziert per Swipe. An Hochschulen dürfte man sich freuen, dass Arbeit abgenommen wird, oder?

Mai: Teilweise ist das so, ja. Aber als wir unsere Idee in den Anfangszeiten pitchten, kam gerade auch von sogenannten Experten an Hochschulen Kritik. Die App sei ein Lifestyle-Produkt, über so etwas Wichtiges wie die Studienwahl würde sich niemand am Handy informieren wollen.

STANDARD: Es kam anders ...

Mai: Viele Leute, die an den Hochschulen arbeiten, sind sich der Lebensrealität junger Menschen nicht ausreichend bewusst. Wobei sich die Unis eigentlich nicht zurücklehnen können hinsichtlich hoher Drop-out-Quoten. Studien zufolge sorgt eine frühe Info für weniger Abbrecher. Das müsste in ihrem Interesse liegen.

STANDARD: Sind heimische Hochschulen digitalisierungsfaul?

Mai: Man kann da sicher nicht alle in einen Topf werfen. Aber wir erkennen schon, dass FHs hier grundsätzlich innovativer sind. Das sieht man allein bei Zuständigkeiten: An Unis gibt es etwa oft kein Team für Online-Marketing.

STANDARD: Ihr kennt die Interessen und Bedürfnisse der Studieninteressierten sehr gut. Hat euch da etwas besonders überrascht?

Mai: Die User sind jünger, als wir gedacht hätten. Ein Drittel ist unter 17 – also von wegen desinteressierte Generation. Weil unsere App für viele der erste Kontakt mit Hochschulen ist, mussten wir auch bei unseren Formulierungen nachbessern.

STANDARD: Inwiefern?

Mai: Bei unseren Anwendungstests – wir sind alle zwei Wochen in Schulen unterwegs und lassen Leute die App testen – sahen wir beispielsweise, dass viele junge Leute nicht wissen, was ein Bachelor und was ein Master ist.

STANDARD: Seit kurzem kann man auch mit euren Mitarbeitern chatten. Worum geht es da?

Mai: Hauptsächlich um Bewerbungsunterlagen. Viele haben in der Schule gar nicht gelernt, wie man einen Lebenslauf gliedert und was ins Motivationsschreiben muss.

STANDARD: Warum habt ihr euch für die Selbstständigkeit entschieden?

Mai: Geplant war das – zumindest von meiner Seite – nicht. Aber nachdem wir gesehen haben, dass sich im Bildungsbereich mobil noch einiges tun kann, waren wir Feuer und Flamme. Natürlich habe ich mich auch gefragt, ob ich nicht noch zehn Jahre zusätzliche Arbeitserfahrung sammeln soll und auch bereit bin, Verantwortung für ein Team zu übernehmen. Aber der perfekte Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen, ist nie – und immer. Als ich noch studiert habe, war Gründen an der Uni kaum Thema – das ändert sich glücklicherweise. Dennoch gründen viele nicht, die könnten.

STANDARD: Warum?

Mai: Viele lassen sich von der Bürokratie abschrecken, und andererseits herrscht der Glaube vor, man brauche einen perfekten Business-Plan. Und besonders bei Frauen kommen oft Selbstzweifel dazu. Das ist aber auch kein Wunder: Bei Start-up-Events sprechen hauptsächlich Männer darüber, wie gut alles läuft und wie erfolgreich sie sind. Wer im selben Boot sitzt, weiß aber, dass es immer Probleme gibt, nur werden die nicht angesprochen. Da sollten Frauen einfach nicht drauf reinfallen und selber die Initiative ergreifen.