Wien – Sieben Jahre nach Beginn der Ermittlungen wurde am Dienstag am Straflandesgericht Wien der Siemens-Korruptionsprozess eröffnet. Angeklagt sind zwei Ex-Manager, darunter der langjährige Prokurist und frühere Finanzchef (2006 bis 2007) H. W. des Österreich-Ablegers des deutschen Elektromultis. Ihnen wird angelastet, über Jahre hinweg rund 17 Millionen Euro in schwarze Kassen abgezweigt und über Scheinrechnungen und -aufträge Schmiergeld verteilt zu haben.

Die beiden hätten ein Netz von Scheinfirmen und angeblichen Beratern aufgebaut, sagte Staatsanwalt Gregor Adamovic von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Von einem international weitverzweigten Firmen- und Kontensystem sollen die Gelder schließlich mittels Barabhebungen geholt worden sein, um Siemens-Geschäfte in Ex-Jugoslawien anzubahnen. Da derartige Provisionen seit 1999 nicht mehr steuerlich absetzbar waren, sei im Siemens-Konzern "ein System aus Schmiergeldern, Scheinrechnungen und schwarzen Kassen" geschaffen worden, das 2006 als einer der größten Schmiergeldskandale in Deutschland in die Geschichte eingehen sollte.

Aus dem Konzern geschleust worden seien die Millionen mittels Briefkastenfirmen auf Zypern und in anderen Offshore-Destinationen. Beim Erstangeklagten seien darüber hinaus noch auf einem panamaischen Firmennetzwerk mit Schweizer Konto 2,9 Mio. Euro gefunden worden. Die Erklärung des Ex-Managers, es habe sich um ein Erbe seines Vaters gehandelt, an das er mittels eines Zettels mit handgeschriebenen kyrillischen Buchstaben und durch Recherchen in Serbien und Russland erst Jahre nach dessen Tod gekommen sei, nannte Adamovic "nicht nachvollziehbar".

Die Beschuldigten weisen die Anklage als "einseitig" zurück, es gilt die Unschuldsvermutung. Die Darstellung der Staatsanwaltschaft gehe "völlig an der Realität vorbei". Es sei naiv zu glauben, dass solche Aufträge an Unternehmen vom Himmel fielen. "Wir müssen hier in die Schluchten des Balkans gehen". (APA, red, 21.6.2017)