Sommer in der City: Das Café Leopold empfiehlt sich seit Neuestem wieder als Treffpunkt im Museumsquartier.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das asiatische Rindgulasch, bei dem dichter Schmorsaft, kraftvolle Fleischstücke, mitgeschmurgelter Rettich und Süßkartoffel überzeugen – ist mit Sicherheit kein Gulasch, aber ein sehr erfreuliches Ragout.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Jun Yang, Tie Yang und Ngo Quoc Dong waren schon ein Team, als sie vor mehr als 15 Jahren mit dem Ramien (Gumpendorfer Straße) die erste zeitgenössische Nudelsuppenbude der Stadt aufsperrten und damit das Wiener Angebot und auch den Look asiatischer Restaurants mit einem Schlag revolutionierten. Seit Jahren betreiben die drei gemeinsam mit Adam Gortvai eine ganze Reihe asiatischer Lokale, die alle ziemlich gut aussehen. Dass Design, Logo und Ausstattung meist aus der Hand von Jun Yang stammen, der eigentlich als bildender Künstler in Yokohama und Taipeh lebt (und in Wien von Martin Janda vertreten wird), wurde die längste Zeit nicht an die große Glocke gehängt.

Beim neuen Café Leopold ist das anders, schließlich hat die Location unmittelbaren Kunstbezug. Jun kontaktierte einen befreundeten Künstler in Peking, der die traditionelle Technik der Tuschezeichnung beherrscht, und bat ihn um seine Interpretation klassischer Wien-Ansichten. Daraus hat Jun Yang eine schwarz-rote Tapete gestaltet, die jetzt den Look des einstigen (auch ursprünglich in Rot gehaltenen) Rauchsalons des Lokals bestimmt.

Wirkt nicht nur sehr dekorativ, ist auch eine Art retroaktive Chinoiserie – die charmante Umkehrung des zum Zweck der Inspiration gepflogenen Blicks vieler Fin-de-Siècle-Künstler gen Fernost passt ideal an diesen Ort. Der Hauptteil des Lokals wurde hingegen weitgehend rückgebaut, auch die Polstermöbel von Ortner & Ortner sind, neu bezogen und renoviert, wieder da.

Verboten gut

Vor allem aber kann hier nach Jahren wieder mit Freude gegessen werden. Im Hof des MQ ist das bereits seit mehreren Wochen der Fall. Und eines der Gerichte, die für die vergleichsweise provisorische Kochstelle beim Wasserbecken konzipiert wurden, durfte wegen Erfolgs auch auf die elaboriertere Karte des Cafés.

Poké ist eine Art Salat aus der Tradition japanischstämmiger Hawaiianer: In eine Schüssel kommt erst gesäuerter Sushi-Reis, darauf Rohkost, Avocado und Salat, ganz oben roher Fisch in Würfeln, Garnitur in Form von frischen Kräutern und Seetangsalat und, ganz wichtig, ein vorzugsweise auf Ananas und Miso basierendes Dressing, das die Elemente mit süßsauer-salziger, umami-fruchtiger Schmiere zusammenbindet. Schmeckt verboten gut, wirkt wie leichtes Essen und ist, von der US-Westküste kommend, seit dem Vorjahr auch in europäischen Metropolen als Trendfutter angekommen. Im Leopold ist jenes mit Thunfisch und scharfwürzigem, koreanisch inspiriertem Dressing am besten, Poké mit Sesamsoja oder Miso gibt aber auch brav Gas am Gaumen.

Schnitzel, arigato

Gyoza sind natürlich Pflicht, hier werden sie gedämpft und überzeugen mit bissfestem Teig und fein abgeschmeckter Fülle – speziell in der Variante mit Hendl und Shiitake. Ansonsten wirkt die Karte gar großzügig dimensioniert, die Qualität kann nicht durchgängig gehalten werden.

Vietnamesische Fischsuppe etwa hat viel Fisch intus, ist aber uninspiriert abgeschmeckt (und bar jedweden frischen Krauts). Gegrillter Spargel gerät knackig, die Misosauce ist aber ausdruckslos, dumpf, ohne Pfiff. Viel besser das asiatische Rindgulasch, bei dem dichter Schmorsaft, kraftvolle Fleischstücke, mitgeschmurgelter Rettich und Süßkartoffel überzeugen – mit Sicherheit kein Gulasch, aber ein sehr erfreuliches Ragout.

Katsukare, die original japanische Variante des Schnitzels, findet sich derweil nur auf der Mittagskarte: extraknusprig paniert, staberlfreundlich in Streifen geschnitten und auf eine fruchtige Gemüsecurrysauce gebettet. Schmeckt auf so arge Art gut, dass man es – gerade als Wiener – in dieser Stadt nicht mehr missen will. (Severin Corti, RONDO, 23.6.2017)

Weiterlesen:

Google-Map mit den aktuellen Restaurantkritiken von Severin Corti und Alex Stranig