Walchsee – Für Anlassgesetzgebung hat der Chef der Straflegistik im Justizministerium, Christian Pilnacek, nicht viel übrig. Das hat er am Dienstag bei seinem Vortrag vor dem Forum Staatsanwälte im Tiroler Walchsee ganz deutlich gemacht. Mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015 habe man versprochen, "der Anlassgesetzgebung einen Riegel vorzuschieben", meinte er, aber "das Versprechen hat nicht gehalten". Schon 2016 habe die Politik wieder begonnen, neue Tatbestände ins Strafrecht zu reklamieren. Das Ergebnis wird heute, Mittwoch, Thema im Justizausschuss des Nationalrats sein.

Da wird über den Entwurf der Strafgesetznovelle 2017 entschieden, der unter anderem die Kriminalisierung staatsfeindlicher Bewegungen per Verankerung im Strafgesetzbuch (§ 247a StGB) zum Ziel hat. Mit dem Großteil der neuen Strafbestimmungen in der Novelle kann sich Pilnacek aber identifizieren, vor allem bei den Staatsverweigerern müsse man "ein Zeichen setzen". Sieben derartige Gruppen (wie "Reichsbürger", "Erdenmenschen", "Terranier") seien in Österreich tätig, 1200 Mitglieder namentlich bekannt. Pilnacek: "Es mögen Spinner darunter sein, aber dahinter steckt die Gefährdung der Demokratie." Gesinnungen oder genannte Spinner wolle man "nicht verfolgen, sondern nur Leute, deren staatsfeindliche Ausrichtung sich eindeutig manifestiert".

Allerdings räumte der Sektionschef ein, dass die Justiz schon mit der Anwendung der bestehenden Bestimmungen (gegen staatsfeindliche Verbindungen, Widerstand gegen die Staatsgewalt, gefährliche Drohung) "nicht erfolglos" sei. Das derzeit größte Verfahren gegen Staatsverweigerer ist in Graz anhängig. Am Montag hatte Strafrechtsprofessorin Susanne Reindl-Krauskopf Zweifel angemeldet: Sie sei "skeptisch, dass der neue Tatbestand notwendig ist".

Weitere Neuerungen aus dem StGB-Entwurf: "Verabredete Begehung sexueller Belästigung" und "tätlicher Angriff auf mit bestimmten Aufgaben betraute Bedienstete einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Anstalt", was Pilnacek unter dem Begriff "Schaffnergesetz" zusammenfasste. Zwar seien Schaffner zuletzt erhöhten Angriffen ausgesetzt gewesen, meinte er, aber davor werde der neue Tatbestand "die armen Schaffner" auch nicht schützen. (Renate Graber, 20.6.2017)