François Bayrou und Marielle de Sarnez treten von ihren Regierungsämtern zurück.

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Sylvie Goulard geriet wegen einer Affäre aus ihrer Zeit als EU-Abgeordnete unter Druck.

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Frankreichs Justizminister François Bayrou tritt zurück. Er werde der neuen Regierung von Präsident Emmanuel Macron nicht angehören, teilte Bayrou am Mittwoch in einer Erklärung der Nachrichtenagentur AFP mit. Bayrous Zentrumspartei Modem wird derzeit von einer Scheinbeschäftigungsaffäre erschüttert, am Dienstag gab bereits Verteidigungsministerin Sylvie Goulard ihren Posten auf. Auch Europaministerin Marielle de Sarnez gab ihren Rückzug aus dem Ministeramt bekannt. Sie soll Modem-Fraktionschefin in der Nationalversammlung werden.

Goulard hatte Emmanuel Macron gebeten, die vor einem Monat gebildete Regierung verlassen zu können. Sie wolle sich ganz um die vor Wochenfrist gestarteten Vorermittlungen der Justiz kümmern. Ehemalige vom Europaparlament bezahlte Assistenten Goulards hatten angegeben, sie hätten in Wirklichkeit für die Mittepartei Modem gearbeitet. Das käme Veruntreuung öffentlicher Gelder gleich. Macron hatte nur "technische" Korrekturen anbringen wollen, nun zwingen ihn diverse Affären, weiter zu gehen.

Schatten auf Bemühungen

Am Montag hatte er schon den prominenten Städtebauminister Richard Ferrand aus der Regierung genommen, indem er ihn zum Fraktionschef seiner Partei La République en Marche (LRM) machte. Ferrand hatte vor Jahren als Direktor einer privaten Krankenkasse in der Bretagne seiner Lebenspartnerin einen lukrativen Mietvertrag zugeschanzt. Auch wenn das Verhalten juristisch unanfechtbar sein sollte, wirft es einen Schatten auf Macrons Bemühungen, nach der Fillon-Affäre vorbildlich zu agieren. Justizminister Bayrou hat deshalb vergangene Woche ein "Moralisierungsgesetz" vorgestellt, war dann aber selbst immer tiefer in die Assistenten-Affäre geraten.

Laut Pariser Medien steht Macron unter "maximalem Druck", die Modem-Affäre ganz zu bereinigen. Denn diese färbt langsam auch auf ihn selbst ab. Hinzu kommen Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit einer US-Reise des damaligen Wirtschaftsministers und jetzigen Präsidenten Macron. Ermittler nahmen der Nachrichtenagentur AFP zufolge Geschäftsräume der Werbe- und PR-Agentur Havas und der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Business France unter die Lupe.

Festnahmen nach Anschlag

Nach dem Attentatsversuch des Vortages auf den Champs-Élysées hat die Polizei am Dienstag vier Familienangehörige des ums Leben gekommenen Islamisten festgenommen. Auch sie werden salafistischer Umtriebe verdächtigt. Im Wohnhaus des 31-Jährigen in der Nähe von Paris fand sich eine Waffensammlung. Er verfügte über einen Waffenschein und war dem Geheimdienst bekannt. Auch fand man einen Abschiedsbrief, in dem er sich zum IS bekennt. (Stefan Brändle aus Paris, 20.6.2017)