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Auf dem Weg nach Istanbul. Der türkische Oppositionsführer Kemal Kiliçdaroğlu hat am vergangenen Donnerstag einen Protestmarsch begonnen, ...

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... der ihn von Ankara nach Istanbul führen soll.

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Mit dem mehr als 400 Kilometer langen "Marsch für Gerechtigkeit" protestiert er gegen die Inhaftierung des CHP-Abgeordneten Enis Berberoğlu. Dieser soll ein Video an Journalisten weitergegeben haben, das einen mutmaßlichen Waffentransport an syrische Rebellen zeigt. Diese angebliche Weitergabe des Videos sei Spionage, urteilte das Gericht.

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Ankara/Athen – Er marschiert im Regen, er marschiert in der prallen Sonne. Und abends sitzt er bisweilen beim Fastenbrechen im Wohnzimmer einer Familie auf dem Dorf, denn Ramadan ist zu alldem auch noch.

Kemal Kiliçdaroğlu, der Vorsitzende der größten türkischen Oppositionspartei, will Gerechtigkeit, so hat er verkündet. Zuerst einmal für seinen Parteifreund, den Parlamentsabgeordneten Enis Berberoğlu, den ein Gericht vergangene Woche wegen angeblicher Spionage zu 25 Jahren Haft verurteilte und, ohne ein Berufungsverfahren abzuwarten, gleich ins Gefängnis steckte. Gerechtigkeit soll aber auch wieder in die Türkei einziehen, so fordert der Chef der sozialdemokratischen CHP. Bald ein Jahr nach Putschversuch und Verhängung des Ausnahmezustands ist das Land mehr denn je in eine autoritäre Herrschaft abgeglitten.

Parteirat im Grünen

Dienstags ist immer Sitzung der Fraktionen im türkischen Parlament und die wöchentliche Rede des Parteichefs vor seinen Abgeordneten. Die von Kiliçdaroğlu fand im Grünen statt, 100 Kilometer von Ankara entfernt in Çamlıdere. Für die Sitzung des Parteirats am Mittwoch ist der Tross schon 20 Kilometer weitergezogen nach Gerede, einer Kleinstadt und Provinz, wo die Autobahn von Ankara nach Istanbul ihren Knick nach Westen macht. Nach Istanbul will der Oppositionsführer mit seinen Anhängern. 20 Tage werde der "Gerechtigkeitsmarsch" von Ankara zum Gefängnis im Istanbuler Stadtteil Maltepe dauern, wo Enis Berberoğlu nun sitzt, so hatte es Kiliçdaroğlu angekündigt. Jetzt ist Tag sieben, mehr als 300 Kilometer bleiben noch, und dem 68-Jährigen ist die Anstrengung schon anzusehen.

Seinen mächtigen Widersacher reizt er dennoch. "Wenn es Ungerechtigkeit gibt, dann muss sich das Parlament damit befassen", erklärte Erdoğan dieser Tage in einer Rede vor türkischen Medienbossen. "Es gibt keinen Grund, Unruhe im Land zu stiften. Einige Leute haben dasselbe am 15. Juli getan", sagte der Staatschef drohend und meinte damit den Putschversuch im Sommer vergangenen Jahres – "wo ist da der Unterschied?".

Die Verlagschefs und TV-Besitzer forderte Erdoğan auf, nicht über Kiliçdaroğlus Gerechtigkeitsmarsch zu berichten. So geschieht es zum Großteil auch. Doch Erdoğan ist noch deutlicher gegenüber dem Oppositionsführer geworden: "Sei nicht überrascht, wenn dich die Justiz einbestellt." Die Schar der Marschierer ist aber mit jedem Tag größer geworden, 2.000 sollen es nun sein. Noch will die CHP an den Volksmarsch der Hunderttausenden glauben. (Markus Bernath, 21.6.2017)

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