Wien – Am zweiten Tag des Siemens-Prozesses zum Verdacht der Untreue von zwei Ex-Siemens-Managern hat sich die Befragung lange um das Geld des Hauptangeklagten in der Schweiz gedreht. Auf seinem panamesischen Konto bei einer Schweizer Bank lagen über zwei Millionen Euro, die laut Angeklagtem aus einer Erbschaft seines Vaters stammen sollen. Das Geld kam jedoch von einer zypriotischen Gesellschaft.

Von dieser Gesellschaft flossen im Jahr 2006 über zwei Millionen Euro auf das Konto des damaligen Finanzchefs von Siemens Österreich bei einer Schweizer Bank. Die Millionen wurden nicht einfach überwiesen, sondern das Geld wurde von der Schweiz aus "zizerlweise", also in einzelnen Tranchen, abgerufen. Nicht nur das machte Richterin Claudia Moravec-Loidolt stutzig. Laut den Angaben des Angeklagten seien die Millionen über zehn Jahre nach dem Tod des Vaters mittels eines Zettels mit kyrillischer Schrift lukriert worden, der beim Vater gefunden worden war. Es habe sich dabei um Forderungen seines Vaters an Russen gehandelt. Diese Forderungen seien von einem Vertrauten, den ihm der frühere serbische Präsident Zoran Djindjic (der 2003 ermordet wurde, Anm.) damals vermittelte, verkauft worden, dafür habe er über zwei Millionen Euro bekommen.

"Sicher kein Siemens-Geld"

"Das ist sicher kein Siemens-Geld", beteuerte der Angeklagte im Prozess am Straflandesgericht Wien. Dieser Vertraute habe eine schriftliche Erklärung abgegeben, dass das Geld von dem Vater des Angeklagten stamme. Diese beglaubigte Erklärung habe er der Schweizer Bank bei einer Compliance-Prüfung vorgelegt. Der Mann, der für ihn aus dem kyrillisch beschriebenen Zettel die Millionen lukrierte, sei aber heute leider nicht mehr auffindbar, ebenso wie der Zettel.

Die Richterin fragte nach: "Irgendeiner vom Balkan sagt, jetzt kommen zwei Millionen Euro, sie sagen herzlichen Dank und möchten gar nicht wissen woher das Geld kommt – haben sie sich nicht überlegt, dass sie selber in des Teufels Küche kommen können?" Der Angeklagte meinte dazu, er habe keine Überlegungen zur Herkunft angestellt und nicht nachgefragt. "Als das Geld kam, war mein persönliches Ziel erreicht".

Erklärungsnot

Dass die zypriotische Gesellschaft aber keine Zahlungseingänge des betreffenden Kontaktmanns hatte, sondern nur durch Geldflüsse von diversen Gesellschaften im Umkreis von Siemens-Beratern gespeist worden war, konnte sich der Angeklagte vor Gericht nicht erklären. Wirtschaftlich Berechtigter der zypriotischen Gesellschaft war ein – 2008 bei einem Jagdunfall verstorbener – früherer Werbefachmann von Young & Rubicam, der für Siemens Presse- und Lobbyarbeit machte und mit dem Angeklagten befreundet war. Er soll ein mutmaßlicher Drahtzieher im Siemens-Schmiergeldskandal gewesen sein und laut Vernehmungsprotokollen der Münchner Staatsanwaltschaft für Siemens Millionen von Schmiergeldern auf Offshore-Firmen transferiert haben, hieß es im Jahr 2009 im Nachrichtenmagazin "profil". Für den Mann gilt die Unschuldsvermutung.

Letztlich landeten die Millionen in einer Stiftung, die offenbar von einer Treuhandgesellschaft der Schweizer Bank gegründet worden war. Der Hauptangeklagte, ehemals Finanzverantwortlicher des Siemens Österreich-Konzerns, konnte sich vor Gericht aber nicht mehr an die Details der Stiftung erinnern. Eine Stiftung habe er gegründet, weil sie Sicherheit gebe und auch aus steuerrechtlichen Gründen günstiger gewesen sei, meinte er. Das Geld sei für seine Frau und seine Kinder gedacht gewesen. Als ihm Staatsanwalt Gregor Adamovic vorhielt, dass er betreffend der Erbschaft seines 1989 verstorbenen Vaters damals einen Erbverzicht abgegeben hatte, allfällige Gelder des Vaters damit seiner Mutter zustehen würden, meinte er, er hätte das Geld ohnehin für die Pflege seiner Mutter verwenden wollen. Das könne er aber nicht mehr, denn die Justiz habe das Geld sichergestellt. (APA, 21.6.2017)