Queen Elizabeth II verliest neben Prinz Charles die Thronrede in zurückhaltender Gewandung. Die Krise, in der Großbritannien steckt, war bei der Eröffnung des Parlaments deutlich.

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Zwei Tage später als geplant eröffnete Queen Elizabeth II am Mittwoch das neu gewählte Unterhaus. In einer etwas abgespeckten Zeremonie – die Queen trug keine Krone, sondern nur Hut und kam nicht in ihrer goldenen Kutsche, sondern in ihrem burgunderroten Bentley zum Parlament – verlas sie die Thronrede, die das legislative Programm der Regierung darstellt.

Auch das war etwas abgespeckt. Premierministerin Theresa May hatte sich durch die vorgezogenen Neuwahlen eine satte absolute Mehrheit erhofft. Stattdessen führt sie jetzt eine Minderheitsregierung. Viele Vorhaben, die noch einem stolzen Platz im Wahlmanifest der Konservativen hatten, wie etwa ein als "Demenzsteuer" bezeichnetes Gesetz zur Pflegefinanzierung, mussten sang- und klanglos unter den Tisch fallen.

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Eine der peinlichsten Änderungen wurde am Ende der Thronrede enthüllt. Die Queen erwähnt stets, welche Staatsbesuche in der nächsten Parlamentsperiode geplant sind. Diesmal sprach sie lediglich den Besuch des spanischen Königspaares im Juli an. Kein Wort über den für Oktober geplanten Staatsbesuch des US-Präsidenten Donald Trump. May hatte Trump schon im Jänner eingeladen, da sie sich viel vom "besonderen Verhältnis" zwischen Großbritannien und den USA in den Zeiten nach dem Brexit erhofft. Doch im Königreich gab es geharnischten Widerstand gegen einen Trump-Besuch. Nun ist der Staatsbesuch offensichtlich bis auf weiteres vom Tisch.

Brexit bestimmt Programm

Das Regierungsprogramm, das die Queen verlas, ist ganz und gar vom Brexit überschattet. Acht der 24 Gesetzesvorhaben beziehen sich auf den Austritt des Königreichs aus der Europäischen Union. Bereiche, die bisher von der EU reguliert und betreut wurden, müssen nun wieder unter britische Jurisdiktion gebracht werden – das reicht von Landbau und Fischerei über nukleare Sicherheit oder Raumfahrt bis zu Außenhandel, Zollbestimmungen und Einwanderung. Das Kernstück der geplanten Brexit-Gesetzgebung ist die sogenannte "Great Repeal Bill", das große Aufhebungsgesetz, das erst einmal sämtliche EU-Vorschriften und Regelungen in britisches Recht umwandelt. Dadurch soll Rechtssicherheit geschaffen werden.

In einem zweiten Schritt sollen dann nach und nach rund 20.000 Gesetze und Vorschriften durchforstet werden, um sie gegebenenfalls umzuschreiben oder zu streichen. So weit der Plan. Ob Theresa May ihn umsetzen kann, hängt zurzeit völlig in der Luft. Denn bisher hat sie keine Mehrheit im Unterhaus. Die Verhandlungen mit der nordirischen Regionalpartei Democratic Unionist Party (DUP) zur Duldung ihrer Minderheitsregierung dauern noch an. Die DUP spielt auf Zeit und weiß, dass sie die besseren Karten hat. Denn wenn in einer Woche im Unterhaus über das Regierungsprogramm abgestimmt wird, braucht May die Stimmen der zehn DUP-Abgeordneten. Verlöre sie die Abstimmung, käme das einem Misstrauensvotum gleich, und Labour-Chef Jeremy Corbyn wäre an der Reihe, eine Minderheitsregierung zu bilden. (Jochen Wittmann aus London, 21.6.2017)