Massearme Sterne werden in der Regel im Doppelpack geboren, wie aktuelle Beobachtungen zeigen.

Illustr.: ESO/L. Calçada

Die Kombination aus ALMA- und Very Large Array (VLA)-Daten zeigen das System L1448 IRS3B in der Perseus-Molekülwolke. Es besteht aus einem Doppelstern im Zentrum und einem dritten Stern in größerer Entfernung. Die deutlich sichtbaren Spiralstrukturen lassen auf Instabilitäten in der zirkumstellaren Scheibe schließen.

Foto: Bill Saxton / ALMA / ESO / NAOJ / NRAO / AUI / NSF

Berkeley/Wien – Eine populärwissenschaftliche Hypothese besagt, dass die Sonne von einem bislang unentdeckten Stern begleitet wird, der unserem Heimatplaneten in regelmäßigen Abständen apokalyptische Asteroidenschauer beschert und unter anderem auch für das Ende der Dinosaurier gesorgt haben soll. Belege für den nach der griechischen Göttin der Vergeltung benannten Himmelskörper Nemesis existieren freilich bislang keine, und Astronomen schließen mittlerweile auch weitgehend aus, dass er tatsächlich in näherer Umgebung existiert.

Reine Fantasie ist Nemesis aber offenbar trotzdem nicht: Eine nun in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" präsentierte Studie liefert stichhaltige Belege dafür, dass die Sonne zumindest zu Beginn ihrer Existenz sehr wohl einen solchen Begleiter besessen haben könnte und damit kurzfristig Teil eines Doppelsternsystems war.

Die entscheidenden Hinweise darauf lieferte ein Team um Steven Stahler von der University of California in Berkeley, das eine rund 600 Lichtjahre entfernte Sternenwiege genauer unter die Lupe genommen hat: die riesige Perseus-Molekülwolke.

Die Ansammlung von rund 10.000 Sonnenmassen an Gas und Staub ist äußerst produktiv und gilt als typischer Entstehungsort von sonnenähnlichen Sternen mit geringer Masse. Die Beobachtungen zeigten, dass dort praktisch alle jungen Sterne Doppelsysteme bilden, während der Anteil der Zweiergruppen mit steigendem Sternenalter abnimmt.

Solares Geschwisterchen

Statistische Modelle untermauerten diese Wahrnehmung: "Unsere Berechnungen stimmen mit den Untersuchungsdaten exakt überein", berichtet Stahler. "Damit zeigt sich, dass jeder massearme Stern zu Beginn als Teil eines losen Doppelsystems geboren wird." Viele davon rückten später entweder enger zusammen oder zerfielen im Verlauf der folgenden Jahrmillionen, was schließlich in Einzelsternsystemen resultierte.

"Die Idee, dass viele Sterne Anfangs zu zweit entstanden sind, ist nicht neu. Die Frage war allerdings stets, wie hoch der Anteil der ursprünglichen Doppelsysteme ist", meint Koautorin Sarah Sadavoy von der Harvard University. "Unser einfaches Modell lässt vermuten, dass dies praktisch bei allen Sternen mit geringen Massen der Fall ist".

Dies bedeutet letztlich, dass auch unsere Sonne kurz nach ihrer Geburt in etwa der 17-fachen Entfernung des Neptun noch ein Geschwisterchen besessen haben dürfte. Dieses hat sich jedoch schon recht bald aus der gravitativen Verbindung gelöst und ist nun vermutlich einer der vielen Sterne in der Nachbarschaft. "Wahrscheinlich hat es also Nemesis früher tatsächlich einmal gegeben", meint Stahler. (Thomas Bergmayr, 21.6.2017)