Hinauf und hinunter: Stiegenlaufen ist ein effektives Intervalltraining.

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Franziska Zoidl ist Journalistin und Freizeitsportlerin. Manchmal tut ihr oder einem Menschen aus ihrem Umfeld aber die Bewegung weh – dann schreibt sie darüber.

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Ich hätte ahnen müssen, dass es wehtun wird. Spätestens, als ich vom Fußende der Stiege nicht einmal die oberste Stufe in der Ferne sehen konnte. 419 Stufen trennten mich von ganz oben, so viel wusste ich. Der Plan: 30 Minuten lang die Stiegen immer wieder rauf und runter laufen und bei diesem Intervalltraining so richtig an die Grenzen gehen.

Dann ging es los. Jeder Mitläufer in der Trainingsgruppe war in seinem eigenen Tempo unterwegs – und auch mit völlig anderer Strategie: Da war die erfahrene Läuferin mit Trinkrucksack und Nordic-Walking-Stecken. Der junge Mann, der gleich lossprintete, bevor ihm nach wenigen Stufen die Puste ausging. Die zähen Läufer, die in konstantem Tempo und mit verzerrtem Gesicht davonzogen. Und auch Läuferinnen und Läufer wie ich, die zwar in guter Form sind, aber nicht an die Belastung eines Stiegenlaufes gewohnt.

Denn dabei werden andere Muskeln strapaziert als beim Laufen in der Ebene. Ich kam ordentlich ins Schnaufen, die Beine fingen durch das Vorfußlaufen zu brennen an – und, endlich oben angekommen, musste ich einsehen: Auch das Hinunterlaufen ist mit schwachen Beinen anstrengender, als es aussieht. Viermal schaffe ich es in 30 Minuten nach oben, 1.676 Stufen bezwang ich mit abwechselndem Gehen und Laufen. Zum Vergleich: Beim höchsten Gebäude der Welt, dem Burj Khalifa in Dubai, sind es 2.909 Stufen bis oben. Auch wenn ich das nicht ganz geschafft hatte: Ich war zufrieden und lief nach Hause. Mir ging es gut.

Kleine Einrisse im Muskel

Zumindest, bis ich am nächsten Morgen aufwachte: Ich spürte sofort einen Muskelkater, der über den Tag immer schlimmer wurde. Die Oberschenkel brannten vorne bei jedem Schritt. Besonders beim Aufstehen und Hinsetzen konnte ich mich aufgrund der Schmerzen nur noch in Zeitlupe bewegen und fühlte mich schlagartig um Jahrzehnte gealtert. Stiegensteigen? Unmöglich. Der Gang vom Schreibtisch zur Kaffeemaschine im Büro dauerte plötzlich doppelt so lange. Ganz eindeutig: Ich hatte es beim Training übertrieben, dadurch waren kleine Einrisse in meinen Muskelfasern entstanden. Das Resultat: ein ordentlicher Muskelkater.

Im mehr oder weniger sportlichen Freundeskreis wurde mir zuerst einiges an Häme, aber auch die unterschiedlichsten Tipps serviert: Die Hartgesottenen rieten zur Einnahme von Schmerztabletten oder einem lockeren Lauf um den Häuserblock, um den Muskelkater wegzutrainieren. Letzteres probierte ich sofort aus, gab aber nach einigen hundert Metern wieder auf: Jeder Schritt war die Hölle. Besonders die Oberschenkelmuskulatur im linken Bein war total verhärtet.

Ich rieb meine Beine mit Franzbranntwein ein – ein Geheimtipp meiner Oma bei so ziemlich allen Beschwerden, weil damit die Durchblutung angeregt wird. Der kühlende Effekt war zwar in der Sommerhitze angenehm, mehr aber nicht. Außerdem kaufte ich Magnesiumpulver, trank viel Wasser und probierte, mir die schmerzenden Beine mit einer Faszienrolle auszurollen. Das warme Bad zur Entspannung der Muskeln – noch ein Tipp einer Freundin – ließ ich dann mit einem Blick auf das Thermometer aber lieber bleiben und entschied mich für eine andere Variante: Einfach mal auf dem Sofa liegen und nichts tun.

Nächster Versuch

Nach vier Tagen konnte ich langsam wieder schmerzfrei gehen. An Laufen wollte ich zwar noch gar nicht denken, Radfahren ging aber schon wieder. Mittlerweile haben die Reparaturmechanismen meines Körpers die kleinen Verletzungen an den Muskeln behoben. Und auch wenn er höllisch wehgetan hat: Glaubt man Experten, ist Muskelkater in Maßen gar nicht so schlimm – und hilft sogar beim Muskelwachstum. Demnächst will ich es also wieder mit einem Stiegenlauf versuchen. (zof, 25.6.2017)