Christian Kern, Bohuslav Sobotka und Robert Fico (von links nach rechts) trafen sich am Donnerstag im sogenannten Austerlitz-Format in Brünn.

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Brünn/Wien – Kurz vor Beginn des Brüsseler EU-Gipfels haben die Regierungschefs Österreichs, Tschechiens und der Slowakei, Christian Kern, Bohuslav Sobotka und Robert Fico, bei einem Treffen des trilateralen "Austerlitz-Formats" ein transparentes Verfahren zur Vergabe der derzeit in London ansässigen EU-Agenturen gefordert. Konkret geht es um die EU-Arzneimittelagentur EMA und der EU-Bankenaufsicht EBA, die aufgrund des Brexits aus Großbritannien abgesiedelt werden.

Alle drei Länder haben Interesse bekundet, neuer Standort für wenigstens eine der beiden Institutionen zu werden. "Möge der Bessere gewinnen", sagte Bundeskanzler Kern am Donnerstag nach dem Treffen der drei Sozialdemokraten im tschechischen Brünn. Der slowakische Premier Fico sieht es als "kleinen Vorteil", dass sein Land bisher keine einzige EU-Agentur beherbergt. Beide Einrichtungen beschäftigen insgesamt mehr als 1.000 Mitarbeiter.

Debatte über Flüchtlingspolitik

In der Debatte über die Aufteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union sprach sich Fico für Diskussionen innerhalb kleinerer Staatengruppen aus. Diese könnten ihm zufolge helfen, das Verständnis für die Standpunkte einzelner Länder in der Migrationspolitik zu verbessern. Verhandlungen aller 27 verbleibenden Mitgliedstaaten seien ein zu großer Rahmen: "Wir können es uns nicht erlauben, die EU durch Themen zu zerrütten, zu denen wir unterschiedliche Meinungen haben", so Fico.

Als mögliche Plattformen für die von ihm vorgeschlagenen Gespräche nannte er die Visegrád-Gruppe (V4), der neben Tschechien und der Slowakei noch Polen und Ungarn angehören, oder eben das sogenannte Austerlitz-Format, das den Rahmen für das Brünner Treffen am Donnerstag abgab.

Unterschiedliche Interessen

Beide Staatengruppen treten jedoch überaus unterschiedlich in Erscheinung: In der 1991 gegründeten V4-Gruppe sind auch die derzeit nationalkonservativen Regierungen in Warschau und Budapest vertreten. Die EU hat zudem erst kürzlich gegen Tschechien, Polen und Ungarn ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil die drei Länder keine Flüchtlinge gemäß dem EU-Quotenbeschluss aufnehmen wollen.

Das Austerlitz-Format wiederum wurde erst 2015 von den sozialdemokratisch regierten Staaten Österreich, Tschechien und Slowakei ins Leben gerufen. Beobachter sprachen daher häufig von einem Gegenmodell zu Visegrád, was die beteiligten Länder freilich stets dementierten.

Dauerthema Verkehrsinfrastruktur

Weitere Themen beim Austerlitz-Treffen am Donnerstag waren die Zusammenarbeit im Bildungsbereich, die Situation auf dem Arbeitsmarkt, die Digitalisierung in der Industrie und die grenzüberschreitenden Verkehrsverbindungen. Tschechiens Premier Sobotka erklärte, dass derzeit intensiv an der Autobahnverbindung von Prag über Budweis nach Linz gearbeitet werde. Bezüglich der Umfahrung Mikulovs auf der Strecke von Brünn nach Wien wiederum stehe jedoch noch ein Gebietsentscheid aus. "Dafür bereiten wir derzeit die Unterlagen vor, sodass innerhalb von zwei Jahren mit dem Bau begonnen werden kann", so Sobotka.

Auch die Bahnverbindung zwischen Prag und Wien beziehungsweise Bratislava soll verbessert und zur Hochgeschwindigkeitsstrecke ausgebaut werden. Die grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur in der Region ist seit vielen Jahren Gegenstand von Kritik. (Gerald Schubert, 22.6.2017)