Arbeitsverträge dürfen künftig auch von Steuerberatern angeboten werden.

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Wien –Der Protest der Anwälte hat bei SPÖ und ÖVP Wirkung gezeigt: Im Wirtschaftsausschuss des Parlaments haben die beiden Noch-Koalitionspartner am Donnerstag einen Gesetzesentwurf entschärft, der die Kompetenzen von Wirtschaftstreuhändern (Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) regelt.

Worum es dabei geht: Die Wirtschaftstreuhänder dürfen künftig auch einige Tätigkeiten übernehmen, die bisher Anwälten vorbehalten waren. Zunächst war ohne nähere Einschränkung davon die Rede, dass sie auch "einfache und standardisierte Verträge" anbieten dürfen. Die Anwälte haben deshalb befürchtet, es könnte womöglich eine Unmenge an standardisierten Verträgen entstehen. Sie haben deshalb gedroht, die bisher kostenlose erste Rechtsberatung zu streichen. Auch SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim – selbst Anwalt – schloss sich der Kritik an.

Einschränkung auf Arbeitsverträge

Nun wurde eine Einschränkung auf einfache und standardisierte "Verträge betreffend Arbeitsverhältnisse jeglicher Art" vorgenommen. Abgesehen von Arbeitsverträgen dürfen Steuerberater und Wirtschaftsprüfer also auch in Zukunft keine Verträge machen.

Und noch ein zweiter Punkt wurde entschärft: Zunächst war geplant, dass Wirtschaftstreuhänder ihre Kunden generell vor den Verwaltungsgerichten vertreten dürfen. Nun gibt es bei Verwaltungsstrafverfahren eine Einschränkung auf arbeits- und sozialrechtliche Verfahren.

Im Parlament gibt es für die Reform nun eine breite Mehrheit. Neben SPÖ und ÖVP werden auch Grüne, FPÖ und Neos zustimmen.

Ein Gewerbeschein

In den Grundzügen haben sich SPÖ und ÖVP auch bei der Gewerbeordnung geeinigt, sagte SPÖ-Verhandler Christoph Matznetter am Donnerstagabend zum STANDARD. Einen überarbeiteten Gesetzesentwurf soll Wirtschaftsminister Harald Mahrer (ÖVP) am Montag vorlegen, sodass die Novelle nächste Woche vom Nationalrat beschlossen werden kann.

Streitpunkt war wie berichtet der Wunsch der SPÖ, dass ein Gewerbeschein zur Ausübung aller 440 freien Gewerbe reichen soll. Diese sogenannte Single Licence soll nun auch kommen. Das bedeutet aber nicht, dass immer nur eine Grundumlage anfällt.

Aber zwei Mal Grundumlage

Die Erklärung dieses vermeintlichen Widerspruchs: Bisher musste man eine zweite Grundumlage bei einem zweiten Gewerbeschein zahlen. Künftig gilt: Macht man mehr als 30 Prozent des Umsatzes in einem anderen Bereich, braucht es zwar keinen zusätzlichen Schein, dennoch muss für diese "Zusatztätigkeit", die man online melden muss, eine zweite Grundumlage bezahlt werden, sofern es sich um eine Tätigkeit in einer anderen WKO-Fachgruppe handelt.

Wer vergisst, die Nebentätigkeit zu melden, ist auch nicht mehr vom Verlust der Gewerbeberechtigung bedroht, sondern muss, wenn er die Meldung nicht binnen drei Wochen nachreicht, nur eine Geldstrafe zahlen.

Streitpunkt reglementierte Gewerbe

Noch wenig Bewegung gibt es bei den reglementierten Gewerben, also jenen, die nur nach Vorlage eines Befähigungsnachweises ausgeübt werden dürfen. Lediglich der Hufschmied, der zuletzt für Gespött gesorgt hatte, wird zum freien Gewerbe erklärt.

Die anderen 80 reglementierten Gewerbe sollen nach Vorstellungen der ÖVP bleiben. Hier wollen SPÖ, Grüne, Neos und FPÖ aber weiterverhandeln. Es brauche endlich eine Reform, die dem 21. Jahrhundert entspreche, sagt Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. Der grüne Wirtschaftssprecher Matthias Köchl will nur zustimmen, wenn man auf unter 70 reglementierte Gewerbe geht und die Grundumlage mit 100 Euro gedeckelt wird.

Letztlich wird es aber auf die SPÖ ankommen. Für die erwähnten Teile der Gewerbeordnung reicht eine einfache Mehrheit, lediglich für das neue Betriebsanlagenrecht braucht es eine Verfassungsmehrheit, für die mit der FPÖ verhandelt wird. (Günther Oswald, 22.6.2017)