Rote Fähnchen, dreißig Mitarbeiter, etwas mehr als drei Monate Zeit: Gabriele Heinisch-Hosek, Vorsitzende der SPÖ-Frauen, besuchte am Donnerstag die neue rote Wahlkampfzentrale.

Foto: Andy Urban

Wien – Am Tisch der "Gegnerbeobachtung" wird gerade getuschelt. Kurz kichern die vier jungen Männer, dann setzen sie wieder ernste Mienen auf. Sie arbeiten an einer der rund zehn Büroinseln in der am Donnerstag präsentierten "Wahlkampfzentrale" der SPÖ. Löwelstraße 18 lautet die Adresse, gleich ums Eck vom Kanzleramt, das die Roten nun zu verteidigen haben. Dreihundert Quadratmeter Fläche, dreißig Mitarbeiter, etwas mehr als drei Monate Zeit: Am 15. Oktober wird gewählt – und der Wahlkampf ist eröffnet. Zumindest inoffiziell.

Denn jetzt nehmen die Strategen im Hintergrund ihre Arbeit auf. Jene Männer und Frauen, die selten öffentlich in Erscheinung treten, aber den Parteien den Weg weisen, Slogans schreiben, Plakate entwerfen und die Themen vorgeben, über die Österreich die kommenden Wochen diskutiert – oder besser gesagt, diskutieren soll. Wer sind also die Köpfe der anlaufenden Kampagnen?

Die SPÖ hat sich einen externen Berater mit einschlägiger Vergangenheit geholt: Stefan Sengl, Geschäftsführer einer Wiener PR-Agentur, hat bereits 2004 und 2010 den Wahlkampf für Bundespräsident Heinz Fischer koordiniert. In der diesjährigen Auseinandersetzung wolle er vor allem die "Persönlichkeit des Kanzlers" in den Vordergrund stellen – "im Vergleich mit den Mitbewerbern", sagt er im STANDARD-Gespräch.

Mit "Erfahrung und Gewissen"

SPÖ-Chef Christian Kern unterscheide sich von seinen Hauptkonkurrenten nämlich in drei wesentlichen Punkten, ist Sengl überzeugt: "Er hat Erfahrung, bereits wirtschaftliche Verantwortung getragen und ein stark ausgeprägtes soziales Gewissen."

Darüber hinaus werde die SPÖ auf mehrere "Zukunftsthemen" setzen. Zu den bereits präsentierten roten "Koalitionsbedingungen" kämen noch ein paar weitere Schwerpunkte hinzu. Wobei Sengl zugibt: "Wahlkampf heißt Konzentration. Die Themen müssen konkret und vor allem in Kürze vermittelbar sein." Da passe die Forderung nach mehr Lehrern eben besser hinein als organisatorische Details einer Schulreform.

Sengl ist für die Strategie zuständig, den roten Wahlkampf leitet SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. "Zu achtzig Prozent wird sich der kommende Nationalratswahlkampf nicht von früheren unterscheiden", sagt Sengl. "Doch die Bedeutung von Social Media hat deutlich zugenommen, das Bewegtbild wird immer wichtiger." Was der PR-Profi beteuert: Die Gegner sollen nicht im Fokus stehen. "Wir machen positives Campaigning."

Keine Wehleidigkeit

"Kein Schmutz", kein Dirty Campaigning, das sagt auch Herbert Kickl, FPÖ-Generalsekretär und altgedienter Wahlkampfstratege der Blauen. Wobei er klarstellt: "Wahlkampf ist keine Phase, in der Wehleidigkeit gefragt ist." Kickl hat sich schon in den Neunzigerjahren Sprüche für den damaligen FPÖ-Chef Jörg Haider ausgedacht. Im diesjährigen Wahlkampf gehe es darum, Frontmann Heinz-Christian Strache als den einzigen Kandidaten zu positionieren, "der Rot-Schwarz verhindern kann, der für Veränderung steht".

Derzeit arbeite Kickl an der Zusammenstellung des FPÖ-Teams aus externen und internen Experten. Er bemühe sich aber, die Kampagne vor allem innerhalb der Partei zu entwickeln. Die Hauptkonkurrenten für Strache seien Kanzler Kern und ÖVP-Chef Sebastian Kurz, wobei Kickl sagt: "Ich gehe lieber als Underdog ins Rennen denn als Überflieger." Im Bereich Social Media fühlt sich Kickl im Vorteil: "Wir haben da früher begonnen als die anderen. Diesen Vorsprung wollen wir ausbauen." Man dürfe diesbezüglich mit "kreativen und originellen" Ideen der Freiheitlichen rechnen.

Weniger auskunftsfreudig ist man derzeit in der ÖVP. Es gebe "im klassischen Sinn" nicht "den einen Wahlkampfleiter", so die Auskunft. Es sei ein "Team aus mehreren Köpfen" verantwortlich, das sich aus internen und externen Profis zusammensetze, heißt es seitens der offiziellen Volkspartei. Aus ÖVP-Kreisen ist zu erfahren, dass jedenfalls Philipp Maderthaner, Chef der Agentur Campaigning Bureau, ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger und Gerald Fleischmann, Sprecher und Vertrauter von Kurz, an der Kampagne arbeiten.

Wissen aus Hofburgwahl

Zurückhaltend zeigen sich auch die Grünen. Der Grund: Ulrike Lunacek wird erst am Sonntag beim Bundeskongress in Linz offiziell zur Spitzenkandidatin gekürt. Es sei aber "alles auf Schiene", versichert Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter Robert Luschnik. Natürlich werde die Kampagne dann "die Spitzenkandidatin in den Mittelpunkt stellen".

Die Grünen glauben an ein Alleinstellungsmerkmal: "Es gibt drei Parteien, die nach rechts gerückt sind, beziehungsweise schon rechts waren. Wir stechen da heraus. Wir werden Haltung zeigen", sagt Luschnik, der zum ersten Mal für einen Wahlkampf verantwortlich ist. Auf das Wissen aus dem Hofburgwahlkampf von Bundespräsident Alexander Van der Bellen will er zurückgreifen. Aber, hält Luschnik fest: Dessen Wahlkampfleiter Lothar Lockl "wird für uns im Wahlkampf keine Rolle spielen".

Spitzenkandidat ausständig

Am Montag laden die Neos ihre Mitstreiter in ihre Parteizentrale in Wien, die zur "Mut-Zentrale" für die Wahlauseinandersetzung umfunktioniert wird. Bis zu siebzig Personen sollen hier eingesetzt werden, erklärt Wahlkampfleiter und Neos-Generalsekretär Nikola Donig. Mit Themen wie Bildung und Steuergeldverschwendung soll gepunktet werden. Für August ist eine Ländertour geplant.

Ganz andere Sorgen hat das Team Stronach: Hier fehlt ein – notwendiger – neuer Parteiname wie auch ein Spitzenkandidat. Klubchef Robert Lugar, der sich selbst ins Rennen schicken will, ist dementsprechend wortkarg: "Ich weiß, wir sind spät dran. Aber es ist halt einmal so." (Peter Mayr, Katharina Mittelstaedt, 23.6.2017)