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Vor allem in den USA steht VW wegen manipulierter Abgaswerte, die nur auf dem Prüfstand und nicht auf der Straße eingehalten werden, am Pranger.

Foto: dpa/Arno Burgi

Wolfsburg/Washington – Volkswagen verzichtet im Abgasskandal zum ersten Mal darauf, gegen Urteile zugunsten geschädigter Diesel-Kunden in Berufung zu gehen. Dies werde aber "eine Ausnahme bleiben", teilte der Autokonzern am Freitag mit.

Zuvor hatte die Düsseldorfer Kanzlei Rogert & Ulbrich mitgeteilt, drei Urteile in erster Instanz seien damit rechtskräftig. Erstmals seit Aufdeckung des Skandals würden Betroffene entschädigt und könnten ihr Fahrzeug zurückgeben. Verbraucherschützer sehen eine "richtungsweisende Entscheidung".

"Die Volkswagen AG hat entschieden, gegen die Urteile der Landgerichte Arnsberg und Bayreuth nicht in Berufung zu gehen", erklärte der Konzern und fügte hinzu, er gehe davon aus, "dass diese Urteile keinen Einfluss auf andere laufende Verfahren haben werden". Der Konzern sei weiter der Auffassung, dass eine Schadenersatzpflicht gegenüber Käufern betroffener Fahrzeuge nicht in Betracht komme.

Strategiewechsel

Bisher habe Volkswagen in allen verlorenen Verfahren Berufung eingelegt, es sei daher "eine große Überraschung, dass offenbar ein Strategiewechsel vollzogen wird", sagte der Rechtsanwalt Tobias Ulbrich. In Zukunft dürften VW-Kunden im Falle einer Klage gegen Volkswagen "berechtigte Hoffnung haben, dass sie in nur einer Instanz ihre Ansprüche durchsetzen können". Bisher habe der Konzern jede auch nur erdenkliche Möglichkeit genutzt, die Verfahren in die Länge zu ziehen.

Wegen ihrer möglichen Verstrickung in den Abgasskandal müssen unterdessen fünf Ex-VW-Führungskräfte bei Reisen ins Ausland mit ihrer Verhaftung rechnen. Demnach lässt die US-Justiz nach ihnen über Interpol weltweit fahnden.

Die Anwältin des früheren Entwicklungschefs der Marke VW, Heinz-Jakob Neußer, sagte am Freitag, der Schritt der Behörden sei nicht überraschend, sondern eine "erwartbare Konsequenz" der Anklagen in den USA. Dort wurde auch gegen Neußer ermittelt.

US-Fahndung nach Managern

Über die Fahndung hatten Donnerstagabend "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichtet. Vom US-Justizministerium und Interpol gab es zunächst keine Auskunft. Neußers Anwältin sagte, ihr Mandant werde sich persönlich auch nicht dazu äußern.

Im Jänner hatte das Justizministerium in Washington auf Basis von FBI-Ermittlungen ein "statement of facts" veröffentlicht. Neben einer Darstellung der zivilrechtlichen Vorwürfe, die Volkswagen Milliarden an Schadenersatz kosten, waren darin auch bereits strafrechtliche Punkte aufgeführt. Solange sich die Beschuldigten in Deutschland aufhalten, droht ihnen keine Auslieferung. Ihnen werden Verschwörung zum Betrug und Verstoß gegen US-Umweltregeln vorgehalten.

Die Fahndung wird im Kreis der Verteidiger als "neue Eskalationsstufe" bezeichnet. Die Vertreterin Neußers wies dies zurück – den US-Behörden sei bekannt, dass es sich bei den Angeklagten um in Deutschland lebende Staatsbürger handelt, die nicht ausgeliefert werden. (dpa, AFP, red, 23.6.2017)