Ain Issa – Dutzende einfache Mitglieder der Extremistenorganisation IS aus der syrischen Stadt Raqqa sind begnadigt und am Samstag aus der Haft entlassen worden. Die Amnestie sei ein Zeichen des guten Willens, um für Stabilität zu werben, entschied der Rat, der die Stadt nach der Vertreibung des IS regieren soll.

Unter den 83 Freigelassenen sei niemand, an dessen Händen Blut klebe, sagte Ratsmitglied Omar Alusch der Nachrichtenagentur Reuters. Er äußerte sich am Rande einer Feierstunde in dem nördlich von Raqqa gelegenen Dorf Ain Issa. Von den USA unterstützte Rebellen rechnen damit, den IS in den kommenden Monaten aus dessen Hochburg Raqqa zu vertreiben. Derzeit kämpfen sich irakische Streitkräfte mit US-Unterstützung durch die Altstadt von Mosul, um den IS aus seiner letzten Hochburg im Irak zu vertreiben.

Die ehemaligen IS-Mitglieder, von denen sich einige freiwillig gestellt hätten, würden wieder in die Gesellschaft integriert, sagte Alusch. "Wir geben diesen Männern eine zweite Chance." Die Freigelassenen schüttelten den Ratsmitgliedern die Hände, es gab Applaus. Einer von ihnen, der 17-jährige Kais al-Hadi, sagte zur Begründung für seinen Beitritt zum IS, erst die Miliz habe Beschäftigungsmöglichkeiten geboten. Vorher habe es nichts gegeben. Der 43-jährige Abdel Rahman arbeitete für die IS-Finanzbehörden und trieb für die Miliz Steuern ein: "Ich habe sieben Kinder. Ich musste kooperieren. Sie haben mir 115 Dollar im Monat bezahlt", sagte er.

Die Amnestie könnte ein kleiner Schritt sein, um die durch die dreijährige Gewaltherrschaft des IS entstandenen tiefen Konflikte zu bewältigen. Dem Rat zufolge ist die Infrastruktur Raqqas weitgehend zerstört und die Bevölkerung traumatisiert. Vor der Einnahme durch den IS hatte die Stadt 300.000 Einwohner. (APA/Reuters, 24.6.2017)