Linz – Die ÖVP führt auch in der jüngsten Market-Umfrage für den STANDARD die Hochrechnung an: Mit 33 Prozent, einem Prozentpunkt mehr als noch in der Vergleichsumfrage im Mai, hat sie sich deutlich von der SPÖ (26 Prozent, ein Prozentpunkt weniger als im Mai) und den Freiheitlichen (24 Prozent, ebenfalls ein Prozentpunkt weniger) abgesetzt.

Wähler in Bewegung

Dabei sind die Wähler weiterhin in Bewegung, bis zum 15. Oktober könne sich noch viel tun, stellt das Market-Institut fest.

Denn während die ÖVP im Trend zulegt und die SPÖ im Trend verliert, läuft es bei der Kanzlerfrage überraschenderweise anders: Hier gewinnt Amtsinhaber Christian Kern verlorenes Terrain zurück und wird nun von 32 Prozent (plus zwei seit Mai) genannt, wenn es darum ginge, den Regierungschef direkt zu wählen. Herausforderer Sebastian Kurz, der im Mai 36 Prozent erreicht hat, ist leicht zurückgefallen: Mit 34 Prozent liegt er nur noch zwei Prozentpunkte vor Kern.

Freiheitliche am besten vorbereitet

Der Wahlkampf hat eher zufällig begonnen – und für manche Parteien kam er offenbar überraschend. In der aktuellen Market-Umfrage für den STANDARD wurde erhoben, welche Partei wohl am besten vorbereitet wäre – und da bekommen die Freiheitlichen die Bestnote.

Die mehr als 800 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten sollten Schulnoten für den Vorbereitungsstand der Parteien vergeben – und jeder fünfte Befragte gab der FPÖ ein "Sehr gut", nur sechs Prozent gaben ein "Nicht genügend". Der Notendurchschnitt liegt bei 2,49 für die Blauen, ganz knapp vor der ÖVP.

In der Sonntagsfrage liegen die Freiheitlichen dennoch weit zurück, 24 Prozent ergeben nur den dritten Platz. Die gleichzeitig durchgeführte Unique-Research-Umfrage für Profil kommt auf 25 Prozent, aber ebenfalls nur auf einen dritten Platz für die Blauen.

Die Latte wird nicht in Umfragen gelegt

"Man darf aber nicht übersehen, dass 24 bis 25 Prozent gegenüber den 20,5 Prozent bei der Nationalratswahl vor vier Jahren trotz allem eine beachtliche Steigerung wären – man darf eine Partei nicht nur danach messen, was sie außerhalb von Wahlzeiten bei der einen oder anderen Umfrage an Zustimmung gehabt hat", sagt Market-Wahlforscher David Pfarrhofer. Das gelte für die FPÖ, deren bestes hochgerechnetes Umfrageergebnis im Sommer 2016 bei 34 Prozent gelegen ist – es gelte aber auch für die anderen Parteien. So erinnert Pfarrhofer daran, dass die SPÖ in Umfragen zeitweise deutlich über ihrem Nationalratswahlergebnis (26,8 Prozent) gelegen ist und auch die Volkspartei teilweise extreme Schwankungen aufzuweisen hat.

Der ÖVP bescheinigt die Umfrage mit einer Durchschnittsbewertung von 2,52 eine ähnlich gute Vorbereitung auf die Wahl, die sie letztlich selbst vom Zaun gebrochen hat. 18 Prozent vergeben die Note "Sehr gut", nur sieben ein "Nicht genügend".

Klarer erster Platz

In der hochgerechneten Sonntagsfrage kommt die ÖVP derzeit auf 33 Prozent, neun Prozentpunkte mehr als bei der letzten Wahl und immerhin noch um einen Prozentpunkt mehr als in der Vergleichsumfrage vor vier Wochen, als erstmals Sebastian Kurz als Spitzenkandidat festgestanden ist. In der Kanzlerfrage ist Kurz allerdings etwas zurückgefallen, mit 34 (zuletzt: 36) Prozent führt er nur mehr knapp vor Amtsinhaber Christian Kern (32 Prozent, zuletzt: 30) – die Volkspartei liegt allerdings klar vor der SPÖ.

Der Sozialdemokratie wird nur von zehn Prozent eine sehr gute Vorbereitung attestiert, eine nicht genügende von ebenfalls zehn Prozent – Mittelwert 2,85. Auffallend ist, dass die erklärten SPÖ-Wähler wesentlich weniger deutlich an eine gute Vorbereitung ihrer Partei glauben als das die Anhänger von ÖVP und FPÖ von ihren jeweiligen Parteien sagen.

Mit hochgerechnet 26 Prozent ist die SPÖ in der aktuellen Hochrechnung etwa auf demselben Niveau wie 2013 (Wahlergebnis: 26,8 Prozent).

Allerdings haben sich die Freiheitlichen herangeschoben – und seit Monaten wird diskutiert, ob diese nicht doch ein Koalitionspartner sein könnten, mit dem sich die SPÖ Regierungsbeteiligung und womöglich die Kanzlerschaft retten können, wenn die ÖVP als Koalitionspartner ausfallen sollte.

Unklarer Kriterienkatalog

Der vor knapp zwei Wochen präsentierte Kriterienkatalog ist in dieser Hinsicht als eine Art Brückenschlag gedacht gewesen. Nun wollte der STANDARD wissen, ob das von der Bevölkerung auch so verstanden wird. Zunächst stellte Market die Frage: "Die SPÖ hat ja nun einen Kriterienkatalog veröffentlicht, unter welchen Bedingungen sie mit anderen Parteien zusammenarbeiten will. Haben Sie im Großen und Ganzen verstanden, worum es bei diesen Kriterien geht?"

Darauf sagen nur 36 Prozent, sie hätten verstanden, worum es geht – ältere Befragte sagen das deutlich öfter als Junge, Männer deutlicher als Frauen, Städter mehr als Landbewohner. Immerhin: Unter den SPÖ-Wählern sind 66 Prozent der Meinung, dass die Kriterien klar wären.

18 Prozent (hier besonders die angesprochenen FPÖ-Anhänger) finden den Kriterienkatalog unklar – und 35 Prozent sagen eindeutig, dass sie das Thema gar nicht interessiert (vor allem Grüne und ÖVP-Wähler). Elf Prozent machten keine Angabe.

Nur 22 Prozent glauben an rot-blaue Koalition

Wenn man genauer nachfragt, was die Wahlberechtigten vom Kriterienkatalog der SPÖ erwarten, so stößt man nur auf 22 Prozent, die damit rechnen, dass die SPÖ mit der FPÖ eine Regierung bilden wird. Es sind überwiegend Rot- und Blau-Wähler, die damit rechnen, sie sind in den jeweiligen Parteiwählerschaften dennoch in der Minderheit. Dass die SPÖ nach der Öffnung zu den Freiheitlichen für weniger Menschen wählbar wäre, sagt nur jeder vierte Befragte – besonders Sozialdemokraten lehnen diese Aussage mit großer Mehrheit ab.

Dafür glauben zwei Drittel der Befragten, dass trotz Kriterienkatalogs innerhalb der SPÖ über eine Zusammenarbeit mit den Freiheitlichen gestritten werden wird. Die Wähler der SPÖ und auch jene der FPÖ machen sich da besonders wenig Illusionen.

Grüne und Neos sehr schwach

Wobei es für die SPÖ ohnehin schwierig sein könnte, Regierungspartner zu finden: So rechnen nur 25 Prozent damit, dass die SPÖ wieder mit der ÖVP regieren wird. Und die hochgerechnete Sonntagsfrage ergibt, dass es mit den Grünen (neun Prozent) und den Neos (mit vier Prozent am Rande der parlamentarischen Existenzberechtigung) keine Mehrheit für die SPÖ gibt. (Conrad Seidl, 26.6.2017)