Kallinger konnte konnte Van Gerwen nur anfangs ärgern.

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Schwechat – Menschen mit blinkenden Hüten, lustigen Perücken. Männer in Frauenkleidern. Beim Darts ist immer Fasching. Multiversum, Schwechat, Samstagabend. Die Stars des Dartsports gastierten am Wochenende im Rahmen der Tour der PDC Europe in Österreich.

Nicht alle Stars sind gekommen. Phil "The Power" Taylor, 56-jährige Dartslegende, 16-facher Weltmeister, ist der prominenteste Abwesende. Der Engländer hat im Vorjahr die Austrian Darts Open gewonnen. Adrian "Jackpot" Lewis, zweifacher Weltmeister, musste krankheitsbedingt passen. Aber Michael van Gerwen, der dominierende Spieler der Gegenwart, ist da. Und natürlich Mensur Suljovic, Österreichs Beitrag zur Weltspitze.

Die Dartfans feiern – die Spieler, sich selbst und mit Alkohol.
Foto: PDC Europe

Die Zuschauer feiern so oder so – die Stars, sich selbst und mit Alkohol. Das Multiversum ist nicht das Ally Pally. Das Ally Pally in London – eigentlich Alexandra Palace – ist das Wimbledon des Dartsports. Dort wird jährlich zum Jahreswechsel der WM-Titel ausgespielt. Bei Oktoberfest-artiger Bierzeltatmosphäre. Die berühmten Lieder des Dartsports werden natürlich auch in Schwechat gesungen. Eher gegrölt. "Wir brauchen 180" läuft vor Beginn der Abendsession als Karaokeversion auf den Leinwänden. Gleich geht's los. Countdown.

Onehundredandeighty!

Die erste Partie ist noch nicht der Kracher. Der Deutsche Martin "The Wall" Schindler gegen den Engländer Ian "Diamond" White. Einwerfen. Das Publikum stimmt "Stand up if you love the Darts" an. Noch so ein Hit aus der Branche.

19.05 Uhr: Die Zuschauer erheben sich, strecken Schilder in die Höhe. Auf diesen Moment haben sie gewartet. 180 steht auf den Schildern. "Oooonehundredandeighty", schreit zeitgleich der Caller. 180 ist die Maximalpunktezahl, die man mit einer Aufnahme von drei Darts erzielen kann. Im Laufe des Abends wiederholt sich dieses Szenario noch einige Male. Für die Profis ist ein 180er, bei dem dreimal das Triple-20-Feld getroffen wird, keine Seltenheit. Am Ende setzt sich Schindler überraschend durch.

Aber das ist erst der Anfang. Der Alkohol fließt. Die Stimmung steigt. Rusty-Jake, der jüngste der drei dartspielenden Rodriguez-Brüder aus Wien, betritt die Bühne. Gegen den belgischen Favoriten Kim Huybrechts hält er sich wacker. Er verliert 3:6. Der Zweitrundeneinzug war schon ein großer Erfolg für den 16-Jährigen.

Van Gerwen, Mister Unschlagbar

Aus den Lautsprechern tönt "I am from Austria". Kein klassischer Hit aus den Darthallen. Aber es folgt der nächste Österreicher: Christian Kallinger. Die Aufgabe: unlösbar. Michael "Mighty Mike" van Gerwen. Der 28-jährige Niederländer war heuer Weltmeister, war 2014 Weltmeister, ist die Nummer eins der Welt und fast unschlagbar.

So betritt ein Superstar die Bühne: Der weltbeste Dartspieler Michael van Gerwen gastierte in Schwechat. Und trug den Titel davon.
Foto: PDC Europe

Zur Heavy-Metal-Nummer "I will be heard" marschiert Kallinger auf. Den Song hat er extra für dieses Match ausgesucht. Und der Burgenländer, mehrfacher Weltmeister im Electronic Dart, bleibt zunächst auffällig. "180", schreit der Caller. Die Leute springen auf. Der erste Leg geht tatsächlich an den Außenseiter. Das grenzt an Majestätsbeleidigung. Mighty Mike wirkt sauer. Schwechat tobt. Mehr als 2000 Zuschauer sind gekommen. Ausverkauft.

Grüße an den abwesenden Phil Taylor

"Walkin' in the Taylor-Wonderland" wird angestimmt. Grüße an den Altmeister. Der junge Meister kommt in Fahrt. Selbstverständlich war der erste Leg nur ein Ausrutscher. Van Gerwen gewinnt 6:1 und später auch das Turnier. Schämen muss sich Kallinger nicht. Zufrieden ist er aber nicht. "Ich habe schlecht gespielt, ich wollte zu viel." Es war trotzdem sein bestes Ergebnis im Steel-Dart.

Der Jubel für van Gerwen fällt verhalten aus. Peter Wright erfreut sich in Schwechat größerer Beliebtheit. Wright, das ist der Mann mit der Irokesenfrisur – diesmal rosa gefärbt – und der Mann, dessen Lieblingsgetränk Snakebite (ein Bier-Mixgetränk) heißt. Ergo nennt er sich Peter "Snakebite" Wright. Prost. Die Stimmung fast am Siedepunkt. Die Temperatur ebenso. Wrights Gegner, der Finne Kim Viljanen, bleibt cool, siegt überraschend.

Held für einen Abend: Mensur Suljovic wurde in Schwechat gefeiert.
Foto: PDC Europe

Der Abend ist lang, das Publikum wird müde. Aber der Höhepunkt folgt zum Abschluss dieses Abends. Mensur "The Gentle" Suljovic, Weltranglisten-Siebenter, trifft auf den Belgier Ronny Huybrechts. Der Wiener ist klarer Favorit. Die Halle wacht auf, die Menschen stehen, sofern sie können, mitunter auf den Tischen.

"Mensur, Mensur", schallt es durch das Multiversum, alternierend mit "Schalala, Mensur Suljovic!" oder "Super Suljo, super Suljo". 6:1, klare Sache. Schalala. La Ola. Mensur, Superstar. "Der Druck war riesengroß", sagt er danach. "Ich war komplett nervös."

Am Sonntag scheitert Suljovic dann im Achtelfinale. 4:6 gegen den Engländer Mervyn King. Am Publikum lag es nicht. Suljovic: "Es war absolut geil." (Birgit Riezinger, 26.6.2017)