Am 24. Juni, dem Johannistag, verwandelt sich die Piazza Santa Croce zu Florenz in eine Arena. Sand wird aufgeschüttet, Stahlrohrtribünen errichtet. Gegeben wird das Finale im Calcio Storico, denn neben Meisterwerken der Renaissance hat die toskanische Schöne der Welt auch dieses, nun ja, Spiel vermacht.

Foto: imago/Xinhua

Die Verbreitung des Calcio Storico hält sich in engen Grenzen, er wird ausschließlich in seiner Geburtsstadt betrieben. Das Regelwerk schrieb Graf Giovanni de Bardi anno 1580 nieder, die heutige Praxis unterscheidet sich jedoch deutlich von der klassichen Vorlage. Bemerkenswert: Im Gegensatz zu den meisten Sportarten, die eine sukzessive Domestizierung erfuhren, wurde der Calcio Storico über die Jahrhunderte immer brutaler.

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE

Erlaubt ist mittlerweile so gut wie alles. Körperliche Übergriffe auf den Gegner sind in mannigfacher Form rechtens, allein Tritte gegen das Haupt sowie Schläge von hinten gelten als verpönt. Nur Duelle Mann gegen Mann sind erlaubt, vermutlich ein Residuum von Ritterlichkeit inmitten der Keilerei.

imago/Xinhua

Die blutige Affäre geben sich Stadtteilteams zu je 27 Mann, die vier historische Florentiner Quartiere repräsentieren: Santa Croce (die Blauen), Santo Spirito (die Weißen), San Giovanni (die Grünen) sowie Santa Maria Novella. Allein, die meisten der Calcianti leben selbst nicht mehr dort.

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE

Ein Match dauert 50 Minuten, unterbrochen wird auch dann nicht, wenn die Sanitäter Blessierte vom Feld tragen – was durchaus regelmäßig der Fall ist. Der Ball darf mit Händen wie Beinen weiterbefördert werden – Ziel ist es, ihn in das schmale Netz der gegnerischen Mannschaft zu bugsieren. Für ein Tor gibt es einen Punkt, segelt die Kugel zu hoch, wird dem gegnerischen Team ein halber Zähler angerechnet.

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE

Geleitet wird die Keilerei, welche Frankreichs König Heinrich III. bereits 1574 als "zu klein für einen Krieg, aber zu grausam für ein Spiel" charakterisierte, von einem Referee sowie sechs Linesmen. Zusätzlich überwacht ein Offizieller von außerhalb des Spielfelds das Geschehen.

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE

Parallel zum Niedergang von Florenz im 17. Jahrhundert geriet auch der alles andere als unumstrittene Calcio Storico ins Abseits, ehe ihm im faschistischen Italien der 1930er-Jahre neues Leben eingehaucht wurde. 2007 wurde das Turnier für ein Jahr verboten, als nach einer aus dem Ruder gelaufenen Schlägerei 50 Gladiatoren vor dem Richter zu stehen kamen.

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE

Heuer gingen Ehre und Lorbeer an die favorisierten Weißen. Santo Spirito setzte sich im Endspiel gegen die Roten aus Santa Maria Novella mit 6 zu 5,5 durch. 2012 hatte Santo Spirito nach 31 Jahren erstmals wieder gewinnen können, seither stellt man regelmäßig die stärkste Mannschaft. (red, 26.6.2017)

Foto: APA/AFP/MONTEFORTE