Die Jugend spielt das Alter und dessen Erfahrungen: Das Stück "Tanzcafé Schweigepflicht" eröffnete die Wiener Musiktheatertage im Werk X.


Foto: Barbara Palffy

Wien – Saxofon, Klavier und Cello umgarnen den Schauplatz, eine Art Spielplatz der Erinnerungen, mit freien Passagen, die sich zu delikater Kammermusik fügen und mitunter gar ins Tangofach aufschwingen. Sie sind im Tanzcafé Schweigepflicht die behutsame Quelle von Atmosphäre (Musik: Jörg Ulrich Krah) zu jenen Szenen, die Regisseur Thomas Desi einigen jungen Darstellern überantwortet hat.

Aus dem Buch der Alternswissenschafterin Sonja Schiff (10 Dinge, die ich von alten Menschen über das Leben lernte) hat Desi Texte entnommen, die authentische Beiträge über Alter, Sterben, Tod und Einsamkeit bieten, Realitäten also, die gerne an die Verdrängung delegiert werden und hier zu Momenten von teils hoher Dichte führen.

Die Jungen (Vivienne Causemann, Da-yung Cho, Shirina Granmayeh, Jakob Pinter und Birgit Stimmer) schlüpfen in Altersrollen, werden zu Divas, die sich in Koloraturen der Erinnerung ergehen, zu Paaren, die voneinander lassen müssen. Es entwickelt sich ein Musiktheater über jene schmerzhaften Erfahrungen, deren Unvermeidlichkeit nicht allzu drastisch, dennoch in aller Offenheit vermittelt wird. Das Tanzcafé der letzten Lebenserfahrungen firmiert bei den Musiktheatertagen unter dem Motto "Eine Art Zukunft".

Das Motto umhüllt auch andere Produktionen: Da wären Smartoper reloaded, "ein Musiktheater für Publikum mit Smartphones", ebenso wie die Kurzstücke MTTW_shorts und das surreale Stück Space=Wow (But i still miss you, earth) von Belma Beslic-Gál. Es gibt aber auch Audience Orchestra (mit dem Ensemble U) und Lebenslinien, ein Erinnerungstheater, das mit Themen arbeitet, die im Tanzcafé dominieren. (Ljubisa Tosic, 26.6.2017)