Gibt nach der Demontage durch die Delegierten der Grünen nun Anlass für Spekulationen: Peter Pilz – in den sozialen Netzwerken mehren sich die Aufrufe, mit einer eigenen Liste zu kandidieren.

Foto: Christian Fischer

Wien – Der grüne Abgeordnete Peter Pilz denkt nach seiner gescheiterten Bewerbung für den vierten grünen Listenplatz offenbar immer konkreter an eine eigenständige Kandidatur bei der Nationalratswahl. Entsprechende Überlegungen bestätigte er am Mittwoch am Rande der Plenarsitzung vor Journalisten, gab sich sonst aber verschlossen. Die für ein Antreten notwendigen Unterstützungsunterschriften von zwei weiteren Abgeordneten dürfte er in der Tasche haben.

In der Gerüchteküche rund um eine neue Liste kursieren nun erste Namen von Beteiligten. Der Wiener Anwalt und Autor Alfred J. Noll bestätigt, dass es Gespräche mit Pilz gibt. Diese seien zwar Gespräche "unter sehr guten Freunden, und unter Freunden redet man über vieles", Noll deutet im STANDARD-Gespräch jedoch einen Konnex zur Politik an: "Pilz ist ein vifer Knabe, ich sehe nicht, dass er müde wäre, alles andere kann man sich ausrechnen." Über den Inhalt der Gespräche sage er "derzeit nichts Konkretes", so Noll. Derzeit seien "alle Optionen offen".

Pilz hatte seinen Abgang angekündigt, weil ihn die Delegierten beim grünen Bundeskongress am Sonntag nicht auf den vierten Listenplatz gewählt hatten. "Mit einem Danke euch allen" setzte der langjährige und umtriebige Abgeordnete am Montag auch auf Facebook einen Schlusspunkt unter seine Karriere bei den Grünen – und generierte damit mehr als 4.000 Likes.

"Jetzt ist das vorbei"

"Jetzt ist das vorbei. Ich habe (...) um ein starkes, klares Mandat gebeten: für die letzte Runde gegen Eurofighter, aber auch für die Verteidigung unseres Europas gegen seine Feinde, die nationalistische Rechte und den politischen Islam", schreibt Pilz in dem sozialen Netzwerk – und beklagt, dass auch andere verdiente Mandatare ihren "sicheren Listenplatz verloren" hätten, wie etwa Kultursprecher Wolfgang Zinggl, Rechnungshofsprecherin Gabriela Moser und Budgetsprecher Bruno Rossmann.

Sein Fazit: Er solle nun an letzter Stelle kandidieren "und Vorzugsstimmen heranschaffen" – doch das sei "nicht die Wertschätzung, die ich für meine Arbeit erwartet habe". Nicht nur auf Facebook, sondern auch im Forum des STANDARD rufen viele Benutzer Pilz auf, nun eine eigene Liste für die Nationalratswahl zu gründen. Auf openpetition.eu werden gar schon Unterstützer dafür gesammelt. Stand Dienstagmittag: rund 600 Unterstützer.

Im Gegensatz zu einem Antreten für andere Parteien hat Pilz bisher nicht rigoros einen politischen Alleingang ausgeschlossen – doch erst nach dem Ende des U-Ausschusses rund um die Eurofighter werde er entscheiden, was er in Zukunft mache.

Keine Trotzreaktion

Wolfgang Zinggl, bisher Kultursprecher der Grünen und bei der Listenerstellung ebenfalls durchgefallen, kann sich eine Kandidatur auf einer Liste Pilz vorstellen. Bei aller berechtigten Kritik an den Grünen will er aber keine Trotzreaktion setzen. Die Grünen seien für ihn immer noch die wählbarste Partei. Sollte es eine neue Liste geben, würde er sich erst anschauen, wofür die Liste stehe und wer dabei ist. "Die Grünen sind immer noch die Partei, die mir ideologisch am nächsten steht. Wenn es eine andere Liste gibt, deren Inhalte ich mittragen kann, werde ich mir das überlegen." Überlegungen für eine linke Liste habe es immer wieder gegeben, sagt Zinggl, auch innerhalb der Grünen. Er betont aber, dass es eine solche neue Liste seines Wissens nach noch nicht konkret gebe.

Bisher keine Hinweise auf eigene Liste

Eine Parlamentsvorschau des grünen Klubchefs Albert Steinhauser mit seinem Vize Werner Kogler war am Dienstagvormittag von Pilz' bevorstehendem Abgang überschattet. Was eine eigene Liste von Pilz am 15. Oktober für die Grünen bedeuten würde? Auf STANDARD-Anfrage wollte Steinhauser auf ein solches Szenario nicht näher eingehen, nur so viel erklärte er: "Bis jetzt" gebe es "keine Hinweise in diese Richtung" – außerdem gehe er davon aus, dass Pilz mit ihm dazu vorher das Gespräch suchen würde. Weil Pilz Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek bis jetzt seine Unterstützung im Wahlkampf zugesagt habe? Steinhauser dazu kurz und bündig: "Ja." Er hoffe, dass Pilz "weiter ein Teil der Grünen ist, bei aller Enttäuschung".

In der Wiener Wochenzeitung "Falter" sagte Pilz: "Sie ist die beste Spitzenkandidatin, die war haben. Ich bin ab jetzt Zuseher, gegen meinen Willen. Ich kann ihr nur dadurch helfen, dass ich ihr nicht vom Spielfeldrand reinkepple." Gefragt, wen er wählen werde, sagte Pilz: "Natürlich die Ulrike."

Steinhauser wies indes ausdrücklich darauf hin, dass die Listen bei den Grünen transparent erstellt würden – doch mit dem Abgang von Parteichefin Eva Glawischnig habe nun "ein Veränderungsprozess" begonnen, der neue Gesichter hervorbringe. Was Pilz und andere Leidensgenossen betrifft, äußerte der grüne Klubchef ausdrücklich Verständnis: "Ich kann die Enttäuschung nachfühlen, wenn man nach Jahrzehnten als Abgeordneter nicht mehr im Parlament sitzt" – er hoffe jedoch, dass die Veteranen "mit Abstand" die aktuellen Vorgänge "milder" bewerten.

Die Grünen seien nie "eine Ein-Personen-Show" gewesen, hielt Steinhauser danach aber fest – und nutzte die Gelegenheit, um die "neuen starken Persönlichkeiten" der Grünen zu bewerben. Etwa Menschenrechtsanwalt Georg Bürstmayr, auf Platz sechs der Bundesliste, oder die Biobäuerin Irmi Salzer auf Platz sieben.

Grünen-Bundessprecherin Ingrid Felipe will nicht Stellung zu einer möglichen Peter Pilz-Liste bei der Nationalratswahl nehmen. "Für alle Fragen bezüglich Gerüchte und Spekulationen gilt wie immer: Gerüchte werden von Ingrid Felipe nicht kommentiert", ließ sie der APA am Mittwoch über einen Sprecher ausrichten.

Keine Angst vor Plus für KPÖ

Demonstrativ gelassen wischte die grüne Klubspitze das Wahlbündnis der ausgeschlossenen Mitglieder der Jungen Grünen mit der KPÖ vom Tisch. Kogler betonte, es handle sich lediglich um "ganz wenige Einzelpersonen", die nun eine Art "KPÖ light" gebildet hätten. Die große Mehrheit der Jungen Grünen, nämlich jene in den Landesorganisationen, seien nach wie vor bei der Partei.

Auch Steinhauser betonte, dass die Zusammenarbeit mit der KPÖ eine Alleinentscheidung des Führungsteams der Jungen Grünen gewesen sei. Der Klubchef will sich aber ohnehin auf die kommenden Plenartage konzentrieren. So sei etwa der Mindestlohn, den die SPÖ einführen will, sofort zu beschließen und nicht in einen Kriterienkatalog zu verbannen. Auch wichtige Themen wie Ökostrom und Sicherheitspaket gehörten diskutiert. (Maria Sterkl, Nina Weißensteiner, APA, 27.6.2017)