Graz – Bei der Entwicklung superschneller Computer und hochsensibler Sensoren eröffnen Plasmonen – kollektiv schwingende Elektronenwolken an den Oberflächen metallischer Nanostrukturen – neue Perspektiven. Einen Weg, sogenannte Plasmonenfelder in ihrer Dreidimensionalität rekonstruieren zu können, stellen Forscher der TU Graz und Universität Graz vor: die 3D-Plasmonen-Tomografie.

Bestrahlt man strukturierte metallische Strukturen etwa aus Gold oder Silber unter bestimmten Bedingungen mit sichtbarem oder nah-infrarotem Licht, werden dessen freie Elektronen kollektiv angeregt und an der Oberfläche in Schwingung versetzt. Diese schwingende Elektronenwolke ist ein sogenanntes Oberflächenplasmon, das selbst flaches Licht aussendet. "Diese kollektive Elektronenschwingung ermöglicht uns eine Lichtfokussierung im Nanometerbereich", wie Ulrich Hohenester vom Institut für Physik der Universität Graz in einer Aussendung der TU Graz erklärte.

Eingesperrtes Licht

Das ist etwa vorteilhaft, wenn Licht in winzigen Strukturen zur Datenübertragung genutzt werden soll. Denn eigentlich ist Licht zwar ein schnelles Transportmittel, braucht aber aufgrund seiner Wellennatur relativ viel Raum und ist daher für die Energieübertragung im Nanobereich eigentlich nicht geeignet. Die Technik, Licht mithilfe von Elektronen in Metallen "einzusperren" und seine Energie auf engstem Raum zu bündeln – quasi als flaches Licht im zweidimensionalen Zustand –, wird Plasmonik genannt.

Um das jeweilige Verhalten der Elektronenschwingung an der Oberfläche von metallischen Nanopartikeln im Detail zu verstehen, ist es notwendig, sie in ihrer Dreidimensionalität zu vermessen. Dazu haben die Forscher aus Graz eine Methode entwickelt, die über die traditionelle Elektronenmikroskopie hinaus geht. Ihren Ausgangspunkt nimmt sie beim Austrian Scanning Transmission Electron Microscope (ASTEM) am Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz. Das Gerät ermöglicht Messungen von unglaublicher Exaktheit: Ein mit 70 Picometern – ein Picometer entspricht einem Milliardstel Millimeter – fast unvorstellbar feiner Elektronenstrahl tastet die Oberfläche des Stoffs ab.

Abbildungen mit Sub-Nanometerauflösung

"Ein hochenergetischer Elektronenstrahl bewegt sich nah an der Probe vorbei oder durchdringt diese. Elektronen in der Umgebung der Probe erfahren Energieverluste, die wir spektroskopisch messen können. So entstehen zweidimensionale Abbildungen der Plasmonenfelder mit Sub-Nanometerauflösung", erklärte Gerald Kothleitner, Leiter der Arbeitsgruppe für analytische Transmissionselektronenmikroskopie an der TU Graz. Überspitzt ausgedrückt sind dies also "Fotos" der dreidimensionalen Probe.

Auf der Suche nach der vollständigen dreidimensionalen Information der Probe, haben die Forscher eine Lösung gefunden: Während der Messung wird die Probe rotiert. Dabei wird eine Kippserie mit einigen Hundert TEM-Bildern aufgenommen. In ihren Experimenten haben sie durch den Einsatz verschiedener Rekonstruktionsalgorithmen die Serie der gekippten, zweidimensionalen Projektionen so bearbeiten können, dass die dritte Dimension des Plasmonenfelds vollständig nachgebildet werden konnte.

Ihre Ergebnisse haben sie in der jüngsten Ausgabe von "Nature Communications" publiziert. "Durch dieses neuartige Verfahren wird es nun erstmals möglich, die Plasmonenfelder so zu vermessen, dass damit Anwendungen im Bereich der Sensorik, Solarzellentechnologie und Computer-Storage besser verstanden oder überhaupt erst möglich werden", so die Autoren. (APA, 27.6.2017)