Besonders freundschaftlich ging es zwischen Italienern und Deutschen im Stadion von Cracova nicht unbedingt zu.

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Schrieb an die Uefa: der slowakische Premier Robert Fico.

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Bratislava – Nun hat die in Polen laufende U21-Europameisterschaft auch die höhere Politik erreicht. Nach dem Ausscheiden der slowakischen Fußball-Nationalmannschaft in der Gruppenphase hat sich mit Robert Fico der Regierungschef des Landes in die weiterhin köchelnde Affäre eingeschaltet. Er verfasste einen offenen Brief, in dem er das Verhalten der Auswahlen aus Deutschland und Italien anprangerte. Adressat: Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. Das "mit passiver Hinhaltetaktik" über die Zeit gespielte Ergebnis (0:1), das beiden Teams auf Kosten der Slowakei den Halbfinal-Einzug sicherte, habe "nichts mit Fair Play zu tun", schrieb Fico.

Wir erinnern uns: Am letzten Samstag musste der slowakische Teamchef Pavel Hapal vor dem TV-Schirm hilflos mitverfolgen, wie die Ergebnisse der finalen Partien der Gruppe C das Schicksal seiner Elf besiegelten. Das Resultat aus der Partie der Großmächte sicherte beiden den Einzug ins Halbfinale, denn den Deutschen reichte auch die knappe Niederlage, um als bester Gruppenzweiter dazustehen. Ihr Torverhältnis (+4) war beim Punktegleichheit (je 6) um einen Treffer besser als jenes der Slowaken in Gruppe A. Bei einem in drei Viererpools aufgeteilten Teilnehmerfeld muss notwendigerweise ein zweitplatziertes Team die Riege der Semifinalisten komplettieren.

"Orchestrierte Farce"

In Kombination mit der Regelung, dass bei Punktegleichheit die höhere Punktezahl aus den Direktbegegnungen der betreffenden Mannschaften schlagend wird, kann dieser Modus ans Fatale grenzende Folgen zeitigen – zumindest für die Betroffenen. Durch ihren Sieg schoben sich die Italiener so nämlich trotz schlechterer Tordifferenz (+1) an den Deutschen vorbei zum Gruppensieg – und standen mit diesen Daten auch noch schlechter da als die ausgeschiedenen Slowaken. Das ist zweifellos bitter und irgendwie auch zum Heulen – was der slowakische Trainer Pavel Hapal auch ein bisschen tat. Außerdem hatte er gemeint: "Das, was die Deutschen und Italiener vorgeführt haben, war eine große Schande."

Fico wiederum forderte die Uefa auf, Maßnahmen zu ergreifen, die künftig ein ähnliches Verhalten unmöglich machen. "Ich vertraue darauf, dass Untersuchungen vorgenommen werden und beim nächsten Turnier Regeln gelten, die sportliche Leistungen über unfaire Abmachungen stellen", hieß es laut "Corriere dello Sport" im Schreiben des sozialdemokratischen Premiers. Das Match sei "durch das unwürdige Verhalten von Italienern und Deutschen schwer beschmutzt worden". Es sei, so Fico weiter, "eine von Spielern der beiden Nationalteams orchestrierte Farce" gewesen.

Di Biagio schlägt zurück

Die Angegriffenen wiesen die Vorwürfe zurück. DFB-Sportdirektor Horst Hrubesch tat das unmittelbar nach der Partie, als er einen Nichtangriffspakt in Abrede stellte. Deutlichere Worte fand nun Italiens Coach Luigi die Biagio. Er forderte seinerseits eine Uefa-Sperre für den Kollegen Hapal: "Man sollte nicht zulassen, dass jemand solche Dinge unterstellt." Dass die Aussagen der Slowaken haltlos seien, untermauerte der 46-Jährige damit, dass in der Partie sieben Spieler mit Gelb verwarnt worden waren – nicht unbedingt ein Hinweis auf freundschaftliches Geplänkel. Außerdem habe seine Mannschaft für alle offensichtlich auf ein zweites Goal gespielt. Hapal, so Di Biagio, habe die Begegnung offenbar gar nicht gesehen, seine Aussagen seien lächerlich: "Wenn man nach Entschuldigungen für das Ausscheiden sucht, ist man von vornherein ein Verlierer."

Allen Aufgeregtheiten zum Trotz geht die Europameisterschaft natürlich weiter und tritt am Dienstag mit zwei Klassikern in ihre entscheidende Phase. Deutschland trifft im ersten Halbfinale in Tychy auf England (18 Uhr), danach fordern Di Biagios Azzurrini die favorisierten Spanier (Krakau, 21 Uhr). (red, 27.6.2017)