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WM-Ausrichter Katar kommt im Garcia-Bericht nicht gut weg.

Foto: AP/Walter Bieri

Zürich – Der Fußball-Weltverband FIFA hat überraschend den kompletten Bericht seines ehemaligen Chefermittlers Michael Garcia veröffentlicht. Wie die Fifa auf ihrer Website schreibt haben die neuen Vorsitzenden der Untersuchungskammer und der rechtsprechenden Kammer der unabhängigen Ethikkommission, Maria Claudia Rojas und Vassilios Skouris, dies beschlossen. Die Bild-Zeitung hatte am Montagabend bereits erste Details des Garcia-Berichts veröffentlicht.

Garcia hatte die skandalumwitterte Doppelvergabe der WM-Endrunden 2018 nach Russland und 2022 nach Katar untersucht und seine Ergebnisse in einem 400-seitigen Bericht zusammengestellt. Die früheren Vorsitzenden der Ethikkommission, Cornel Borbély und Hans-Joachim Eckert, hatten bei der Überprüfung des Dokuments keine Anzeichen für Bestechung oder Korruption gefunden und aus rechtlichen Gründen eine Veröffentlichung abgelehnt.

Das Dokument ist dreiteilig, der größte Teil kann hier heruntergeladen werden, weiters gibt es kleinere Dokumente zu den Untersuchungen zum russischen und amerikanischen Bieterteam.

Kurioses Statement

Auf der FIFA-Webseite wurden die im Mai auf Initiative von FIFA-Präsident Gianni Infantino abgelösten Eckert und Borbely dafür verantwortlich gemacht, dass der seit dem Herbst 2014 vorliegende Bericht nicht früher publik gemacht wurde. Beide wehrten sich gegen die Vorwürfe.

Garcia war im November 2014 als Vorsitzender der ermittelnden Kammer der Fifa-Ethikkommission zurückgetreten, nachdem die damalige FIFA-Spitze um Präsident Joseph Blatter entschieden hatte, den Bericht nicht zu veröffentlichen. Die Untersuchungen blieben bisher für die WM-Gastgeber Russland und Katar ohne Konsequenzen.

Nun schreibt die Fifa auf ihrer Website: "Aus Gründen der Transparenz heißt die Fifa willkommen, dass der Bericht nun veröffentlich wurde.

Russland: "Anschuldigungen unbegründet"

Russland und Katar sehen sich durch die Veröffentlichung entlastet. Mit einer demonstrativen Unschuldsbeteuerung und einem Seitenhieb auf westliche Medien reagierten Russlands WM-Organisatoren auf die Ergebnisse. WM-Geschäftsführer Alexej Sorokin betonte, man sei froh über die Veröffentlichung. Außerdem warf er internationalen Medien eine tendenziöse Berichterstattung vor: "Man sollte die Schlussfolgerungen des Berichts zur russischen Bewerbung lesen, um zu sehen, dass alle Anschuldigungen durch westliche Medien unbegründet sind."

Auch Katar sieht seinen Ruf wieder hergestellt. "Wir glauben, dass das Ausmaß unserer Kooperation bei der Untersuchung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen eine Rechtfertigung der Integrität unserer Bewerbung sind", zitiert die englische BBC das Organisationskomitee in Katar.

Garcia hatte den Russen im umstrittenen Vergabeprozess keine groben Verfehlungen nachweisen können. Notiert wurden Geschenke und Annehmlichkeiten wie Kreml- und Ballettbesuche für FIFA-Wahlmänner und deren Familien. Diese seien aber nicht per se durch den FIFA-Verhaltenskodex verboten gewesen. Allerdings: Die Computer des russischen Bewerbungskomitees waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zerstört. Welche Unterlagen fehlen, konnten die FIFA-Ermittler nicht mehr rekonstruieren.

Ex-Ethiker: Veröffentlichung widerspricht Regularien

Eckert und Borbely sehen in der Veröffentlichung des Reports einen Verstoß gegen die gültigen Regeln des Weltverbandes. "Abschließend gilt festzuhalten, dass sich Herr Infantino bis zum heutigen Tage nie wegen einer Veröffentlichung an uns gewandt hat", teilten die Top-Juristen in einem Statement auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Eckert und Borbely stellten zudem fest, dass die Veröffentlichung nicht mit den FIFA-Regeln vereinbar sei.

Weiter erinnerten die Juristen an einen Beschluss des damaligen FIFA-Exekutivkomitees aus dem Jahr 2014, wonach nur Eckert über eine Veröffentlichung befinden könne, "sobald alle Verfahren, inklusive möglicher Rekurse vor dem CAS, beendet sind." Dies sei allerdings bisher nicht der Fall. Eine FIFA-Reaktion zu der Erklärung ihrer ehemaligen Ethikhüter lag vorerst nicht vor. (sid, APA, red, 28.6.2017)