Brüssel – Die europäischen Nato-Staaten und Kanada erhöhen ihre Verteidigungsausgaben in diesem Jahr weiter und gehen damit auch einen Schritt auf US-Präsident Donald Trump zu. Insgesamt werde der Etat dieser Länder 2017 um bis zu 4,3 Prozent steigen, sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch. Damit hätten die Verbündeten seit dem Ende der Einschnitte in ihre Verteidigungsbudgets 2014 zusammen rund 41 Milliarden Euro mehr investiert. Genaue Zahlen für die einzelnen Staaten sollen am Donnerstag vorgelegt werden, wenn sich die Nato-Verteidigungsminister in Brüssel treffen. Dort wird auch die Entsendung von mehr Truppen zur Unterstützung der afghanischen Armee Thema sein.

US-Präsident Donald Trump hatte den europäischen Verbündeten zuletzt bei seinem Besuch im neuen Nato-Hauptquartier in Brüssel Ende Mai vorgeworfen, zu wenig Geld für die gemeinsame Sicherheit in die Hand zu nehmen. Das Militärbündnis hatte in Wales vereinbart, die Verteidigungsausgaben bis 2024 Richtung zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu bringen. Bisher liegen neben den USA nur Großbritannien, Griechenland, Polen und Estland über diesem Wert. In diesem Jahr soll nach Angaben Stoltenbergs auch Rumänien die zwei Prozent erreichen, gefolgt von Litauen und Lettland 2018. Von den 29 Nato-Ländern wollten 25 in diesem Jahr mehr Geld in Verteidigung stecken, sagte Stoltenberg. Die Mittel werden nach seinen Angaben in Manöver, Ausrüstung, den Sold und Pensionszahlungen gesteckt.

Die Alliierten wollen jedes Jahr einen Plan vorlegen, wie sie sich der Marke von zwei Prozent annähern wollen. Details dazu stehen aber noch aus. Vor allem im Zuge der Ukraine-Krise und der Spannungen mit Russland nahmen viele Nato-Staaten wieder mehr Geld in die Hand. Auch der Bürgerkrieg in Syrien und die unsichere Lage in vielen nordafrikanischen Ländern trugen dazu bei, dass die Ausgaben 2015 um 1,8 und voriges Jahr um 3,3 Prozent stiegen.

Keine neuen Kampfeinsätze in Afghanistan

Die Nato-Verteidigungsminister wollen am Donnerstag auch die Lage in Afghanistan beraten. Es gebe Anfragen, "mehrere Tausend Soldaten" zusätzlich dorthin zu verlegen, sagte Stoltenberg. Er fügte hinzu: "Es gibt keine Pläne, zu Kampfoperationen zurückzukehren." Wie viele Truppen gebraucht würden, um die afghanischen Sicherheitskräfte vor allem bei der Ausbildung zu unterstützen, werde derzeit geprüft. Stoltenberg sagte, er könne Medienberichte über verstärkte Kontakte zwischen Russland und den radikalislamischen Taliban in Afghanistan nicht bestätigen.

In dem Land haben in den vergangenen Wochen sowohl die Taliban als auch die Extremisten-Miliz "Islamischer Staat" (IS) zahlreiche Anschläge verübt. Ende Mai wurden bei einem Anschlag in der Hauptstadt Kabul nahe der deutschen Botschaft mehr als 150 Menschen getötet. (Reuters, 28.6.2017)