Kommt die umstrittene dritte Piste oder nicht? Sicher ist: Sie kommt nicht allzu rasch, denn das Rechtsverfahren wird noch einige Jahre dauern.

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Wien – Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, sie wird für weitere hitzige Diskussionen sorgen. Denn heute verkünden die Verfassungsrichter (VfGH) öffentlich, zu welchem Schluss sie in Sachen Bauverbot für die dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat gekommen sind. Dass die Höchstrichter dies öffentlich tun, ist eher ungewöhnlich und zeugt von der Brisanz der Entscheidung. Denn nur wenn sie etwas besonders erklären müssen, wählen sie diese Form der Verkündigung.

Tatsächlich geht es um die Antwort auf eine grundlegende Frage. Gehen Klimaschutz und Bodenverbrauch vor Standortsicherung, wie der Bundesverwaltungsgerichtshof (BVwG) im Wesentlichen den verfügten Baustopp begründete, oder nicht? Der Richtersenat hatte den steigenden CO2-Ausstoß im Falle eines weiteren Ausbaus als schwerwiegender erachtet als alle wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Vorteile. Im Urteil wurde ausgeführt, dass Österreich sich mit dem Klimaschutzgesetz verpflichtet hat, die Treibhausgasemissionen zwischen 2015 und 2020 um 2,25 Prozent zu senken. Beim Bau der Piste würde es zu einer Zunahme dieser um 1,79 Prozent kommen. Sie hätten damit Klimapolitik gemacht, lautete ein häufiges Argument der Kritiker.

Die Entscheidung wird um 10:00 verkündet.

Verfassungsbeschwerde eingebracht

Der Flughafen Wien und das Land Niederösterreich als UVP-Behörde bekämpften – wie berichtet – die umstrittene Entscheidung. Beide haben gegen das Erkenntnis vom 2. Februar eine außerordentliche Revision eingebracht und Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Die Flughafenvorstände sind der Ansicht, dass das Erkenntnis voller Schwächen sei. Argumente, die die Juristen des Airports ins Treffen führten: Auslegungsfehler, Verletzung von Verfahrensvorschriften, Widersprüche. Ob das Erkenntnis juristisch halten würde, darüber gingen die Meinungen bis zuletzt auseinander. Auch Pistengegner und Befürworter sind sich in den vergangenen Monaten nicht nähergekommen. Die Regierung wollte sogar die Verfassung ändern und die Bedeutung des Wirtschaftsstandorts hervorheben. Jetzt liegt die Sache einmal auf Eis.

Geltende Gesetze als Basis

Für die Verfassungsrichter gilt aber ohnehin: Sie entscheiden auf Basis der geltenden Gesetze. Im Kern hatten sie sich mit der Frage zu befassen, ob sich aus dem geltenden Luftfahrtgesetz ein öffentliches Interesse am Umweltschutz herauslesen lässt. Wenn dem so ist, dann haben die Bundesverwaltungsrichter recht, ihr Erkenntnis wäre damit nicht verfassungswidrig. Die Beschwerde müsste abgewiesen werden. Andernfalls müssten sie sie aufheben. Doch selbst wenn der VfGH der Meinung des Flughafens folgt, würden nicht in Kürze Bagger und Kräne anrücken.

"Die Piste wird frühestens 2027/28 fertiggestellt sein", so die Einschätzung des Vorstands, wenn alles gutgeht. Das Verfahren habe bisher 17 Jahre gedauert und für alle Beteiligten an die 100 Mio. Euro gekostet. Allein für Kopierkosten habe der Flughafen eine Million ausgegeben. Eine weitere Maßeinheit hat der Airport parat, um den Aufwand zu umreißen: Für die Umweltverträglichkeitsprüfung habe man zehn Tonnen Papier eingereicht, inklusive Gutachten und Stellungnahmen umfasse der Akt wohl 30.000 Seiten.

Nichts endgültig

Dazu werden weitere kommen. Denn wird der Beschwerde stattgegeben, hat sich damit erneut der BVwG zu befassen, vielleicht sogar der Richtersenat, der den Baustopp verfügte. Wird die Beschwerde abgewiesen, ist immer noch nichts endgültig. Die Airport-Manager hoffen diesfalls auf eine positive Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. (rebu, cr, 29.6.2017)