Wien – Die Konzentration von Fetten im Blut ist entscheidend für die Herzgesundheit. Das gilt besonders beim "bösen" LDL-Cholesterin. Jetzt gibt es mit den sogenannten PCSK9-Inhibitoren Medikamente, welche auch bei Patienten wirken, bei denen die herkömmlichen Therapien versagen. Österreichische Spezialisten haben zu diesem Thema das Fachbuch "Lipidtherapie in der Praxis" neu herausgebracht.

Obwohl seit vielen Jahren bekannt ist, dass zu hohe Blutfettwerte einen entscheidenden Risikofaktor für Atherosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere Verschlusskrankheit darstellen, gibt es noch immer viele Menschen, die sprichwörtlich mit zu hohen Lipidkonzentrationen im Blut "herumlaufen". "Die Risikofaktoren für die Entwicklung einer Herz-Kreislauf-Erkrankung werden meist erst nach Eintreten einer schweren gesundheitlichen Katastrophe wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Bypass-Operation etc. ernst genommen", sagt dazu Herbert Laimer. Er ist ehemaliger Ärztlicher Leiter des Reha-Zentrums der PVA in Bad Tatzmannsdorf.

Eigenen Cholesterinwert kennen

An sich sollte klar sein: Jeder Mensch sollte seinen Cholesterinwert kennen. Vor allem bei erhöhten Werten an LDL-Cholesterin sollte dann nicht-medikamentös – und bei Bedarf auch medikamentös – behandelt werden. Seit mittlerweile Jahrzehnten stehen dafür prinzipiell hoch wirksame und zumeist auch gut verträgliche Medikamente zur Verfügung.

Diese "Statine" haben aber einen beschränkten Effekt. Vor allem bei Personen mit genetisch bedingt hohen Blutfettwerten reichen sie oft nicht aus. Seit kurzem stehen dafür zusätzlich monoklonale Antikörper zur Verfügung, welche das PCSK9-Enzym hemmen.

Laborkontrolle entscheidend

Vor einigen Monaten ist bei der Jahrestagung des American College of Cardiology (ACC) die entsprechende Wirksamkeitsstudie mit dem PCSK9-Hemmer Evolocumab vorgestellt und zur gleichen Zeit im New England Journal of Medicine in voller Länge publiziert worden: Bei Hochrisikopatienten – zu drei Viertel nach Herzinfarkt, mit familiärer Hypercholesterinämie etc. – und durchschnittlichen LDL-Cholesterinwerten trotz Statin-Therapie von 92 Milligramm pro Deziliter Blut (bei ihnen sollten es zumindest weniger als 70 Milligramm pro Deziliter sein; Anm.) konnte die LDL-Konzentration durch die Zugabe des neuen Medikaments um 59 Prozent auf durchschnittlich 30 Milligramm pro Deziliter Blut reduziert werden. Unter der stärkeren Cholesterinreduktion zeigte sich eine um 15 Prozent geringere Häufigkeit von Hospitalisierungen wegen instabiler Angina pectoris, Bypass-Operationen oder Stent-Implantationen, Herzinfarkten, Schlaganfällen oder Herz-Kreislauf-Todesfällen (9,8 versus 11,3 Prozent). Das Ergebnis war statistisch signifikant.

Laut der Studie gibt es offenbar keinen unteren Schwellenwert für LDL-Cholesterin. Die Angelegenheit ist einfach: je weniger, desto besser. Entscheidend für den Einsatz aller dieser Mittel ist aber eine möglichst früh erfolgende Laborkontrolle des Cholesterinwerts bei jedem Menschen. Laut dem Hauptautor des Buches, das im Uni-Med-Verlag jetzt aktualisiert in zweiter Auflage herausgekommen ist, Helmut Sinzinger, wäre aber noch eine weitere Untersuchung sinnvoll: Auch die Konzentration an Lipoprotein (a) sollte gemessen werden. Der ist nämlich Lifestyle-unabhängig und genetisch fixiert. Werte über 50 Milligramm pro Deziliter Blut bedeuten bereits ein hohes Risiko. 50 Prozent der Männer und 15 Prozent der Frauen mit familiärer, also genetisch bedingter, Hypercholesterinämie sterben unbehandelt bereits vor dem 60. Lebensjahr an einer Atherosklerose-bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankung. (APA, 29.6.2017)