
Während drinnen der Gemeinderat zum Budget tagte, protestierten vor dem Rathaus Menschen gegen das geplante Murkraftwerk.
Während sich im Gemeinderatssitzungssaal die Mandatare am Donnerstag auf jene Sitzung vorbereiteten, in der das erste schwarz-blaue Budget der Stadt Graz beschlossen werden sollte, hielt die Plattform Rettet die Mur eine Mahnwache vor dem Rathaus. Denn auf der Sitzungsagenda stand auch die Finanzierung des zum Murkraftwerk gehörenden zentralen Speicherkanals, der 60 Millionen kosten soll. Am Wochenende gingen deswegen wieder über 2.000 Menschen in Graz auf die Straße.
Kritik im Sitzungssaal
Drinnen im Sitzungssaal kritisierten Grüne und KPÖ das Kraftwerk. Sie denken, wie alle Umweltorganisationen, dass das Kraftwerk der Stadt ökologisch und ökonomisch unzumutbar ist. Wie berichtet, wollte die KPÖ in der letzten Periode nicht ohne weitere Bürgerbefragung zum Kraftwerk das Budget mittragen, weshalb es zu Neuwahlen kam.
Die Befürworter des Speicherkanals pochen auch deswegen auf seine Notwendigkeit, weil es bei Starkregen immer wieder zu Überschwemmungen in Graz kommt. Die grüne Umweltsprecherin Andrea Pavlovec-Meixner brachte am Donnerstag noch einen Abänderungsantrag für ein Budget 2017/18 ohne Speicherkanal, dafür mit einem "zukunftsweisenden Niederschlagsmanagement" ein. Denn der Bundesrechnungshof hat kürzlich kritisiert, dass die Stadt bisher "nur etwa ein Drittel der eingenommenen Kanalgebühren für Investitionen in das innerstädtische Kanalnetz genutzt hat", argumentiert man in dem Antrag.
Höhere Parteienförderung, Hürden im Gemeindebau
KPÖ-Klubchef Manfred Eber kritisierte am Donnerstag auch, dass die Parteienförderung nicht gesenkt wurde, wie es seine Fraktion vorgeschlagen hatte, sondern "so hoch wie nie" ist. Der von den Kommunisten eingeführte Stopp bei der automatischen Erhöhung von Gebühren wurde dafür wieder abgeschafft, und für 2018 wird eine fünfprozentige Budgetsperre in allen Abteilungen eingeführt.
KPÖ und Grüne prangern auch Verschlechterungen bei Gemeindewohnungen an, wo Hürden eingebaut wurden, die viele anerkannte Flüchtlinge sowie Österreicher treffen würden.
Auch die SPÖ stimmte gegen das Budget. Klubobmann Michael Ehmann befand es als "inhaltsleer" und trotz Neuverschuldung "ohne Zukunftsperspektive".
Vor dem Rathaus hatte man neben einem offenen Brief mit 2.500 Unterschriften auch Klärschlamm mitgebracht, um anschaulich zu machen, dass Steuergeld in den Dreck geschmissen werde. "Natürlich haben wir alles unterlegt und nichts verschmutzt, wir lassen uns nichts vorwerfen", beeilt sich eine Aktivistin dem STANDARD zu erklären.
Brennbare Flüssigkeit
Zu diesem Zeitpunkt kennt die Frau die neueste Presseaussendung der Energie Steiermark noch nicht. Pauschale Vorwürfe müssen sich Kraftwerksgegner darin nämlich ohnehin gefallen lassen. Der Konzernsprecher schreibt am Donnerstag: "Aktivisten verüben Brandanschlag auf Baustelle des Murkraftwerk Graz."
Auf STANDARD-Nachfrage bei der Polizei sagt Polizeisprecher Fritz Grundig: "Es war ein Kanister mit brennbarer Flüssigkeit, wahrscheinlich Benzin, der im Bereich der Auffahrt angezündet wurde. Zum Glück ist nichts passiert, außer dass zehn bis zwölf Quadratmeter Asphalt angesengt beziehungsweise geschwärzt sind." Auf die Frage, wie man erkennen kann, dass es sich bei den Tätern um Kraftwerksgegner handelte, ob sie etwa Aufschriften oder Transparente hinterlassen hatten, stellt Grundnig klar: "Nein, das kann man überhaupt nicht sagen, es ist alles möglich. Wir ermitteln gegen einen unbekannten Täter. Wenn wir ihn haben, werden wir ihn fragen, ob er ein Kraftwerksgegner ist." (Colette M. Schmidt, 29.6.2017)