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US Open 1999: Barbara Schett scheitert erst im Viertelfinale an der US-Amerikanerin Venus Williams.

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Barbara Schett-Eagle schaut oft in Österreich vorbei.

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Wien – Wimbledon ohne Barbara Schett, das spielt es nicht – auch mehr als zwölf Jahre nachdem Österreichs bis dato beste Tennisdame (Nummer sieben!) ihre Karriere beendet hat. Allerdings kommt die 41-jährige Moderatorin und Reporterin mangels Übertragungsrechten für Eurosport im deutschsprachigen Raum nur zum beliebten Doppelturnier der Ehemaligen nach London. Ohne Sondertraining. "Aus dem Stehen spielen kann ich immer, da kannst du mich um drei in der Früh aufwecken", sagt die Tirolerin.

Schett taucht aber auch zur Kontaktpflege im All England Lawn Tennis and Croquet Club auf. Das ist sie schon ihrem mit Enthusiasmus und Eleganz an der Seite von Mats Wilander zelebrierten Job schuldig. Sieben bis acht Wochen pro Jahr nimmt der in Anspruch. Dazu ist die Mutter des achtjährigen Noah Turnierbotschafterin des WTA-Events in Linz und Markenbotschafterin internationaler Firmen. Ihr Zuhause steht an der australischen Ostküste nahe Noosa Heads, Queensland. Ihr Ehemann, Ex-Profi Joshua Eagle (44), ist Trainer der australischen Spitzenspielerin Samantha Jane Stosur und also ebenfalls viel unterwegs. Das erfordert koordinative Wendigkeit. Und eine Qualität, die Schett schön tirolerisch mit "Ich hab's Lauferte" umschreibt.

Das war wohl schon so, als sie und ihr um sieben Jahre ältere Bruder Georg, heute ein Mediziner, von den Eltern in den ITC, einen kleinen Innsbrucker Tennisverein, mitgenommen wurden. Dort verbrachte die sportliche Familie in einer sportlichen Großfamilie viel Freizeit.

Ball an die Wand

Und die kleine Babsi "klopfte den Ball stundenlang an die Wand" – mit derartigem Geschick, dass sie einer Trainerin des Tiroler Landesverbandes, die in der benachbarten Turnerschaft Innsbruck wirkte, auffiel. Mit sechs Jahren hob die Karriere an, mit acht gewann Barbara Schett ihr erstes Turnier, mit 14 wechselte sie ins Leistungszentrum Südstadt und verband im Sportgymnasium das im Elternhaus Erlernte, "die Disziplin und Konsequenz, etwas fertigzumachen, was man angefangen hat", mit "richtigem Training". Zwei Jahre später zählte Schett zu den besten 100 Spielerinnen der Welt. Bis 18 wurde sie vom Verband unterstützt, "dann sollte ich auf eigenen Beinen stehen. Ich wollte der Welt zeigen, dass es funktioniert."

Beste Österreicherin werden wollte Barbara Schett, "ich habe nie das Ziel gehabt, Nummer eins zu sein, ich bin totale Realistin, vielleicht habe ich mir manchmal auch zu wenig zugetraut". Immerhin, ewige Nummer eins in Österreich zu werden hieß, in den Jahren danach unter die zehn besten Tennisdamen der Welt vorzustoßen, also der um fünfeinhalb Jahre älteren Barbara Paulus den Rang abzulaufen, die im Herbst 1996 bis auf Rang zehn kletterte. Mehr verband Schett allerdings mit Judith Wiesner, um zehn Jahre älter und einmal die Nummer zwölf. "Sie war eine Art Mentorin für mich." Als Trio waren sie im Fed Cup erfolgreich, Schett sollte es auf 30 Siege aus 48 Spielen für das, nun ja, "Nationalteam" bringen.

Mit Anfang 20 – aus Freund Thomas Prerovsky wurde der Freund und Trainer – bekam die Karriere einen Schub, "da gab es ein Jahr, in dem ich knappe Ergebnisse gegen Top-Ten-Spielerinnen hatte". Eine Zusammenarbeit mit einem Konditionsteam der Uni Salzburg, das auch Thomas Muster bewegt hatte, verbreiterte die athletische Basis, "der Glaube an mich selbst ist gewachsen, ich wusste vor Partien, dass ich sie gewinnen würde".

Höhepunkte

Natürlich nicht vor jeder, Barbara Schett hat es auf drei Einzeltitel gebracht – Palermo 1996, Maria Lankowitz 1997 und Klagenfurt 2000. Auch die Bilanz bei Grand-Slam-Turnieren lässt nicht sofort auf eine Nummer sieben der Weltrangliste schließen, die Schett im September 1999 war. Das Viertelfinale der US Open eben in jenem Herbst war der diesbezügliche Höhepunkt. Es folgte das Viertelfinale bei den WTA Championships im New Yorker Madison Square Garden nach einem Sieg gegen Arantxa Sánchez Vicario und einer ziemlich knappen Niederlage gegen Venus Williams.

"Ich war eine total konstante Spielerin. Aber es war keine leichte Zeit. Die Williams-Schwestern waren eben schon da, Graf hat davor noch gespielt, Davenport war dabei, Seles, Hingis. Jetzt ist das schon etwas anderes, da gibt es doch etliche Lücken", sagt Barbara Schett, die sich nur zögerlich den Gedanken an eine gegenwärtige Barbara Schett in Bestform gestattet. "Wenn ich mir manche Spiele ansehe, denke ich 'aber hallo!'" Aber dann denkt sie sich auch, dass sie sich höhere Ziele hätte stecken können, nachdem das Ziel, beste Österreicherin zu werden, erreicht war. Nach Olympia 2000, nach der beileibe nicht problemlosen Trennung von Lebensabschnittspartner Prerovsky, begann sie "ein bisschen mehr nach links und rechts zu schauen". Aber so, wie sie aus ihrer Bodenständigkeit heraus die Verlegung ihres Wohnsitzes nach Monte Carlo nur erwogen hatte, so erwog sie lediglich, in einen internationalen Trainer zu investieren. Schett blieb lieber im Land, trainierte mit Gerald Mandl und genoss es, "daheim in Tirol die kleine Babsi geblieben" zu sein.

Attraktives Doppel

Draußen war sie mehr, zumal in den Augen der nicht nur am sportlichen Auftreten der Tennisdamen interessierten Öffentlichkeit. Mit dem Auftauchen von Anna Kournikowa Mitte der 1990er-Jahre wurden die Tennisplätze zunehmend auch als Laufstege wahrgenommen. Kournikowa/ Schett war ein sportlich starkes (Sieg im Jänner 2001 in Sydney), darüber hinaus aber auch besonders attraktives Doppel.

Als die Russin für Wimbledon jenes Jahres verletzt ausfiel, sprang die Tirolerin zumindest teilweise als Schlagzeilenbringerin für den Boulevard ein. Ein Vertrag mit dem Daily Mirror brachte gutes Geld (kolportiert wurden seinerzeit umgerechnet 75.000 Euro für 14 Tage), aber auch unerfreulich untergriffige Geschichten, wohl, weil Schett die in sie gesetzten Erwartungen an Freizügigkeit in Wort und Bild nicht erfüllen wollte.

"Als Frau wirst du immer auch danach beurteilt, wie du aussiehst", sagt Barbara Schett. "Aber heute, in Zeiten der sozialen Medien, ist die Sache sehr grenzwertig." Sie habe vom Interesse an ihrer Person profitiert, "aber es war auch viel Ablenkung dabei. Und in erster Linie wollte ich als Spielerin wahrgenommen werden. In dieser Hinsicht bin ich auch sehr zufrieden und stolz auf meine Karriere."

Diese erste Karriere brachte an Preisgeldern mehr als drei Millionen Dollar ein und endete 2005 bei den Australian Open, wo sie vier Jahre zuvor mit ihrem späteren Ehemann das Mixed-Finale gespielt hatte. Zwei Jahre später wurde geheiratet, am 28. April 2009 kam Noah. Das Lauferte kommt Barbara Schett-Eagle auch bei ihm zugute. (Sigi Lützow, 4.7.2017)