Wiener Neustädter Neurochirurgen fühlen sich zu wenig zu Operationen eingesetzt. Die Innenrevision prüfte die Abteilung kritisch.

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Wien – Der Gerichtsstreit zwischen einem Neurochirurgen des Landesklinikums Wiener Neustadt und seinem Arbeitgeber Land Niederösterreich ist am Dienstag weitergegangen. Nach einigen – aufschlussreichen – Verhandlungsstunden am Arbeitsgericht St. Pölten haben die Parteien auf Anregung des Richters beschlossen, es mit einer Mediation zu versuchen.

An selbiger werden der Arzt, der Primar der Abteilung und ein Vertreter des Landes teilnehmen. Zur Erinnerung: Der Arzt argumentiert, er werde vom Primar der Abteilung nicht genug zum Operieren eingeteilt, er verliere daher seine "Fertigkeiten und Karrierechancen". Der Primar hat sich dem Verfahren auf Landesseite als Nebenintervenient angeschlossen; beide bestreiten die Darstellung des Klägers. Er fühlt sich gemobbt und hat sich inzwischen ohne Bezüge für ein Jahr karenzieren lassen.

Dicke Luft an der Abteilung

Möglich wurde der (zweite) Versuch einer friedlichen Einigung, weil sich der in der Landesklinikenholding für die Thermenregion zuständige Manager, Viktor Benzia, für eine teilweise Kostenübernahme der Mediation durchs Land verwendet hat. Benzia hat am Dienstag als Zeuge ausgesagt – und dabei die Darstellung des Klägers zum Teil unterstützt. Er schilderte, dass sich der Kläger (er ist Mittelbauvertreter) "in seiner eigenen Angelegenheit und im Namen dreier Kollegen" schon im Sommer 2015 an ihn gewandt habe.

Es sei um ungerechte OP-Einteilungen, die Bevorzugung der Primarstellvertreterin (sie ist dessen Lebensgefährtin) und Bevorzugung von Privatpatienten des Primars gegangen. Zu den Hauptzeiten (vormittags) hätten hauptsächlich Primar und Stellvertreterin operiert, die anderen Ärzte kämen selten zum Operieren. Ob es schon davor Gespräche mit dem Primar gegeben habe, fragte der Richter. "Ja, deutlich vorher, mit dem Effekt, dass die Ärzte zu noch weniger OPs kamen", so der Landesmanager.

Primar war Elternteilzeit im Weg

Die Landesklinikenholding habe in der Folge ihre Innenrevision mit einer Prüfung beauftragt – zuvor habe man noch die Stellvertreterlösung (Primar/Lebensgefährtin) beendet. Zudem habe er, Benzia, auf seine Nachfrage die Information des Primars bekommen, er teile den (nunmehrigen) Kläger wegen "nachhaltigen Vertrauensverlusts" wenig ein, zudem sei der ja nicht immer verfügbar, weil in Elternteilzeit. "Elternteilzeit kann ich aber niemandem vorwerfen", so Benzia. Wurde der Erklärung eines nachhaltigen Vertrauensverlusts nachgegangen? "Nicht, dass ich wüsste", sagte der Zeuge aus.

Innenrevision bestätigt Benachteiligung

Und zu welchem Schluss kam die Innenrevision? Was die OP-Zeiten betrifft, könnte man aus ihrem Bericht (ist nicht öffentlich) "eine Bevorzugung herauslesen", so Benzia. Bis auf Primar und Lebensgefährtin seien "alle anderen benachteiligt" gewesen. Tatsächlich habe die Innenrevision ergeben, dass Primar und Lebensgefährtin ungefähr doppelt so viel operierten wie ihre Kollegen, erklärte Benzia. Und: Vier von acht Ärzten der Abteilung hätten Probleme mit dem Primar gehabt – von den acht war aber einer der Primar und eine seine Lebensgefährtin.

Nun wird ein Mediator gesucht. Sollte es mit ihm nicht rasch klappen, wird der Gerichtsprozess im Herbst fortgesetzt. (Renate Graber, 6.7.2017)