Dunkler Rauch am Freitag über dem Schanzenviertel in Hamburg.

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Feuerwehrmänner im Einsatz am Freitag.

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In der Nacht kam es zu Ausschreitungen und zum Einsatz von Wasserwerfern.

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Ein Demonstrant vor brennenden Barrikaden.

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An der Demonstration "Welcome to Hell" beteiligten sich zahlreiche Vermummte.

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Rauchbomben in der Menschenmasse.

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Hamburg – Zwischen Demonstranten und Polizei hat es vor dem G20-Gipfel in Hamburg massive gewaltsame Auseinandersetzungen gegeben. Auf beiden Seiten gab es Verletzte. Die Polizei setzte bei der Kundgebung "Welcome to Hell" Wasserwerfer ein, gewalttätige Demonstranten zerschlugen Schaufenster und warfen Flaschen auf die Beamten. In einigen Straßen brannten Barrikaden.

Auch am Freitag kam es zu Zusammenstößen: Die Polizei ging nach Augenzeugenberichten bei der Demonstration der Gruppe "Block G20 – Colour the red zone" am Verkehrsknotenpunkt Berliner Tor mit Schlagstöcken gegen Teilnehmer vor. Die Gruppe hatte zuvor angekündigt, in die engste Hochsicherheitszone vordringen und Anfahrtsrouten der Gipfelteilnehmer lahmlegen zu wollen.

Im Stadtteil Altona hatten Freitagfrüh rund 60 Vermummte Polizisten mit Steinen und Böllern angegriffen, sagte ein Sprecher der deutschen Polizei. Auch drei Streifenwagen seien attackiert worden. Die Polizei teilte via Twitter mit, dass in Altona mehrere geparkte Autos angezündet worden seien.

Das Bundespolizeirevier in Hamburg-Altona werde von Gewalttätern angegriffen, teilte die Bundespolizei Nord per Twitter mit. Beamte gingen gegen gewalttätige Personen mit Molotowcocktails vor. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, den Bereich zu meiden. Insgesamt wurden für den Gipfel-Zeitraum 30 Kundgebungen angemeldet.

Wasserwerfer und Tränengas

Am Donnerstag hatten sich zunächst mehrere tausend Menschen am Fischmarkt direkt am Hamburger Hafen zur ersten Großdemonstration unter dem Motto "Welcome to Hell" versammelt. Die Polizei sprach von 12.000 Teilnehmern. Begleitet wurde die Kundgebung von einem massiven Polizeiaufgebot. Etwa 1.000 Vermummte hatten sich nach Angaben der Polizei unter die Demonstranten gemischt.

Der Demozug wurde schon nach wenigen hundert Metern angehalten. Die Polizei verlangte von den Teilnehmern des Schwarzen Blocks, die Vermummungen abzulegen, was diese verweigerten. Daher war die Kundgebung zwischen Absperrungen eingeschlossen. Kurze Zeit später eskalierte die Situation, es kam zu Flaschenwürfen und Angriffen auf die Polizei. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Sanitäter behandelten Verletzte. Über den Platz zogen Rauchschwaden.

Die Polizei sagte, man habe versucht, den Schwarzen Block der Linksautonomen von den friedlichen Demonstranten zu trennen – dann hätte die Kundgebung fortgesetzt werden können. Dies sei aber nicht gelungen.

Associated Press

Der Pressesprecher der Hamburger Polizei, Timo Zill, wurde während eines Interviews von Demonstranten attackiert, er brachte sich in einen Rettungswagen in Sicherheit, der daraufhin ebenfalls angegriffen wurde. Um 20.12 Uhr twitterte die Polizei, der Anmelder habe den Aufzug soeben für beendet erklärt.

Die Polizei meldete Freitagfrüh insgesamt 111 verletzte Polizisten, drei von ihnen mussten demnach im Krankenhaus behandelt werden. Piloten eines Polizeihubschraubers erlitten nach Angaben der Polizei Augenverletzungen durch Laserpointer. Auch zahlreiche Demonstranten wurden den Veranstaltern zufolge verletzt – einige ernsthaft. 29 Menschen seien festgenommen und 15 in Gewahrsam genommen worden, sagte eine Polizeisprecherin Freitag früh.

Feuerwehr dutzende Male im Einsatz

"Es hätte schlimmer kommen können." Dieses Fazit zog gegen 1.30 Uhr ein Sprecher der Hamburger Feuerwehr. Bis kurz nach Mitternacht sei die Feuerwehr knapp 60-mal zu Rettungseinsätzen gerufen worden.

Die Demo galt als erster Test für das Sicherheitskonzept der Polizei, die aus ganz Deutschland zusammengezogen wurde. Zu dem Gipfel am Freitag und Samstag werden hunderttausende Demonstranten erwartet, von denen die Polizei mehrere tausend als gewaltbereit einstuft.

Ausschreitungen erwartet

"Welcome to Hell" war die erste Demonstration, bei mit Ausschreitungen gerechnet wurde. Geplant war, dass sich der Protestzug quer durch die Stadt zur Messe bewegen sollte, wo die Gipfelteilnehmer der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer tagen. Zu Beginn der Demonstration fuhren Wasserwerfer auf. Rund um den Fischmarkt waren Cafés und Restaurant aus Angst vor Ausschreitungen geschlossen. Einige Läden waren mit Brettern vernagelt.

Anders als für andere Veranstaltungen hatte die Polizei für "Welcome to Hell" keine Auflagen erlassen. Anmelder Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum Rote Flora warf Innenbehörde und Verfassungsschutz dennoch vor, "eine massive Kampagne" gegen Demonstranten zu führen. Im Interview mit dem STANDARD hatte Blechschmidt Gewalt schon vorab gerechtfertigt.

Verbot in der Innenstadt

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht bestätigte am Donnerstag das Demonstrationsverbot für die Innenstadt während des Gipfels. Das Gericht wies damit Beschwerden von Attac Deutschland gegen die Untersagung mehrerer Versammlungen am Freitag zurück.

Bereits im Vorfeld hatte es erste Protestaktionen gegeben. In der Nacht zum Donnerstag war es zu einem Brandanschlag auf ein Autohaus gekommen. Der FC St. Pauli kündigte nach dem Verbot des großen Protestcamps an, Teile seines Stadions am Millerntor für Übernachtungen der Gipfelgegner zur Verfügung zu stellen. Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz verteidigte dagegen den G20-Gipfel gegen Kritik. "Unbedingt", antwortete er auf die Frage, ob der große Aufwand für die Zusammenkunft gerechtfertigt sei. Bis zu 20.000 Polizisten sollen die Veranstaltung gegen gewaltbereite Demonstranten und islamistische Anschläge schützen.

Ein Sonderzug aus der Schweiz hatte in der Nacht in Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen weitere G20-Gegner eingesammelt. Begleitet wird das G20-Treffen auch von Kulturveranstaltungen und Popkonzerten – aber auch von Konferenzen, die über Alternativen zu den Lösungsansätzen der G20-Regierungen für die von Klima bis Krieg reichenden Krisen der Welt debattieren. (Reuters, red, 6.7.2017)