Christie's jüngst angebotene Highlights: das Schiele-Werk ("Einzelne Häuser") blieb unverkauft, jene von Beckmann ("Hölle der Vögel") und Picasso ("Femme écrivant") erzielten 45,8 bzw. 44,4 Mio. Dollar.

Foto: Christie's

Paul Gaugins "Nafea faa ipoipo" (1892) wechselte im Herbst 2014 nicht für 300, sondern "nur" für 210 Millionen Dollar in den Besitz des Emirs von Katar.

Foto: kunstmuseum basel / martin p. bühler

Die ersten sechs Monate sind absolviert, neue Bestmarken gesetzt: die Stimmung auf dem internationalen Kunstmarkt scheint angesichts zahlreicher neuer Auktionsrekorde ungetrübt. Von der Front diskret hinter den Kulissen abgewickelter Private Sales sickerten keine neuen Megadeals durch, wenngleich ein bereits bekannter in den Details revidiert werden muss.

Konkret geht es dabei um Paul Gaugins Gemälde Nafea faa ipoipo? (Wann heiratest du?) aus dem Jahr 1892. Seit 1947 schmückte Nafea, so der Kurzname des legendären Motivs, den sogenannten Franzosensaal des Kunstmuseums Basel – als Leihgabe der ob ihrer Qualität legendären, vom 1946 verstorbenen Rudolf Staechelin aufgebauten und in einer Stiftung geparkten Sammlung. Über Jahre hatte der nun für die Verwaltung der Familienstiftung zuständige Enkel Kaufangebote immer wieder abgelehnt.

"Nur" 210 Millionen Dollar

Ein im Herbst 2014 vorgelegtes entpuppte sich indes als unwiderstehlich, wie im Februar 2015 bekannt wurde. Auf STANDARD-Anfrage bestätigte Staechlin damals den Abschluss eines Verkaufsvertrages. Zum kolportierten Preis von 300 Millionen Dollar wollte er sich allerdings ebenso wenig äußern wie zum angeblichen Käufer aus Katar. Dazu sei Stillschweigen vereinbart worden.

Anfang dieser Woche berichtete die New York Times über ein zu diesem Deal jetzt in London angelaufenes Gerichtsverfahren. Dieses benennt den seit 2013 regierenden Emir von Katar, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, als Käufer und den tatsächlichen Kaufpreis mit 210 Millionen Dollar. "Nur" ist angesichts der Höhe auch eher relativ.

Der Mick Jagger unter den Versteigerern

Im anhängigen Disput geht es um eine von Simon de Pury und seiner Ehefrau Michaela, Tochter des Anfang 2017 verstorbenen Rudolf Neumeister, eingeforderte Vermittlungsprovision von zehn Millionen Dollar. Der Schweizer, der sich über seine extrovertierte Art gerne als Mick Jagger unter den Versteigerern inszeniert, war einst Mitbegründer des Auktionshauses Phillips de Pury (seit Jänner 2013 "Phillips"). Die Klage richtet sich gegen die Stiftung Staechlin, die das Gemälde laut New York Times ab Guy Bennett, den auch für Akquisitionen zuständigen Leiter des Museums in Katar, verkaufte.

De Pury gibt an, dass der Deal letztlich über seine Vermittlung zustande gekommen wäre. Die Stiftung verneint das. Der Ausgang des Verfahrens ist derzeit ungewiss. Gesichert ist indes, das nun Willem de Koonings Interchanged, ein abstraktes Gemälde aus dem Jahr 1955, als teuerstes Kunstwerk der Welt gelten dürfte. Einem Bloomberg-Bericht zufolge erwarb es der Hedgefonds-Milliardär Kenneth Griffin vom Musik- und Filmproduzenten David Geffen für 300 Millionen Dollar.

All-Time-Darling Klimt

Von solchen Beträgen sind selbst die seit Anfang des Jahres in den Auktionssälen der Marktmetropolen London und New York erzielten Rekorde weit entfernt. Den absoluten Topwert darf sich Sotheby's an die Fahnen heften: mit 110,5 Millionen Dollar, die der japanische Milliardär Yusaku Maezawa für Jean-Michel Basquiats unbetiteltes Gemälde von 1982 mit dem charakteristischen Totenkopfmotiv springen ließ.

An zweiter Stelle rangiert Österreichs All-Time-Darling Gustav Klimt, dessen Bauerngarten aus dem Jahr 1907 für 59,32 Millionen Dollar via Sotheby's London Anfang März in eine unbekannte Sammlung wechselte. Den dritten Platz erklomm Constantin Brancusis Bronzeguss Schlafende Muse (1913), für die Christie's in New York im Mai bei 57,37 Millionen Dollar den Zuschlag erteilte.

Die kurz vor der Sommerpause jüngst in London versteigerten Kaliber der Sparten Impressionist & Modern Art sowie Contemporary schlugen sich durchaus wacker. An die Spitze hievte dort ein europäischer Käufer bei Christie's Max Beckmanns Antinazibild Hölle der Vögel, für das er 45,83 Millionen Dollar bewilligte. Unverkauft blieb hingegen Egon Schieles Einzelne Häuser (Häuser mit Bergen). Das Gemälde aus dem Jahr 1915 scheiterte an den völlig überzogenen Erwartungen von 39 Millionen Dollar. (Olga Kronsteiner, Album, 10.7.2017)