Die Polizei setzte Wasserwerfer ein, um Demonstranten zu vertreiben. Am Freitagabend gab ein Polizist einen Warnschuss ab..

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"Machen Sie schnell!" Der Ton des Polizisten ist höflich, aber bestimmt. Wer jetzt, am Freitagmorgen, das internationale Pressezentrum in den Messehallen nicht hurtig betritt, der kommt vielleicht gar nicht mehr hinein – auch nicht mit entsprechendem Ausweis. Unzählige Polizisten sind aufmarschiert, um das Gelände zur Not hermetisch abzuriegeln. Denn der Freitag, der erste Gipfeltag, beginnt, wie der Donnerstag geendet hat: mit brennenden Autos, wütenden Demonstranten und chaotischen Zuständen in der Hamburger Innenstadt.

Immer wieder steigen Rauchschwaden auf, Hubschrauber kreisen permanent über dem Stadtzentrum, Kolonnen von Polizeiautos rasen über die leeren Straßen. Nachdem die Demo "Welcome to Hell" am Donnerstagabend nur kurz nach dem Start von der Polizei mit Wasserwerfern und Tränengas aufgelöst worden war, hatten die Gipfelgegner am Freitag ein neues Ziel.

"Rote Zone" blockieren

Sie versuchten, die Zufahrtswege zur Messe, dem Tagungsort, zu blockieren. "Block G20 – Colour the red zone" lautet die Aktion. Doch es gelingt den Demonstranten nicht, einen der Staats- oder Regierungschefs vom Betreten des Tagungsortes abzuhalten. Am späten Vormittag sind alle vor Ort, Merkel kann alle ihre Gäste mehr oder weniger herzlich begrüßen.

Doch einige Begleitdelegationen müssen Umwege in Kauf nehmen, bis sie ihren Chefs nachkamen. "Damit haben wir erfolgreich Sand ins Getriebe des Gipfels gestreut", freut sich Jana Schneider von "Block G20".

Außerhalb des Messezentrums versucht hingegen Innensenator Andy Grote (SPD) zu beruhigen: "Wir haben die Lage unter Kontrolle. Der Gipfel läuft termingerecht weiter." Aber er erklärt auch: "Das Maß an krimineller Energie und Gewalttätigkeit muss uns erschrecken."

Im Zuge der Krawalle sind nach Polizeiangaben 160 Polizisten verletzt worden, es kam zu 45 Festnahmen, 15 Personen davon sind in Gewahrsam genommen worden. Die Polizei berichtet auch von einem Leuchtraketenangriff auf einen Polizeihubschrauber. Das Geschoß habe den Helikopter nur knapp verfehlt.

Das Standesamt in Altona sagte am Freitag alle Hochzeiten ab. Man könne keine Trauungen durchführen, da die Scheiben des Standesamts eingeschlagen worden seien.

Die Polizei war am Donnerstag und Freitag bereits mit rund 20.000 Kräften vor Ort. Am Freitag entschied sie dann, weitere Hundertschaften aus anderen deutschen Bundesländern anzufordern. Als Erstes machten sich 200 Polizeikräfte aus Berlin auf den Weg. "Wir müssen mit allem rechnen, wir rechnen auch mit allem", begründete Innensenator Grote den Schritt.

"Schwarzer Block" schuld

Er gab die Schuld an der Eskalation dem "schwarzen Block". Viele gewaltbereite Demonstranten hätten sich nicht kooperativ verhalten. Aufseiten der Demonstranten ("Block G20") heißt es hingegen: "Die Polizei hat erneut unnötig eskaliert. An mehreren Stellen sind Polizisten mit Bürgerkriegsgerät gegen friedliche Sitzblockaden vorgegangen."

Geändert werden musste aufgrund der angespannten Lage das Begleitprogramm, um das sich Merkels Ehemann, Joachim Sauer, kümmerte. An einer Bootsfahrt auf der Elbe konnte Melania Trump nicht teilnehmen. Es war ihr nicht möglich, das Gästehaus des Hamburger Senats zu verlassen. Ein Vortrag von Klimaforschern konnte nicht wie geplant in deren Institut stattfinden, sie kamen ins Hotel Atlantic. (Birgit Baumann aus Hamburg, 7.7.2017)